Mehr als Most: BANG Exkursion ins Mostviertel

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Mit- und voneinander lernen und die Bio-Seite des Lebens genießen!

Vom 25. bis 27. April begab sich die BIO AUSTRIA Next Generation (BANG) auf Exkursion nach Niederösterreich ins Mostviertel.
BANG-Koordinator Paul Ertl berichtet.

Die Kunst des Käsens am Schoberhof

Von ganz Österreich trafen sich 22 BANGs am Bahnhof in St. Pölten und von dort aus ging es auf ins Pielachtal zu Familie Taschl am Schoberhof. Der Betrieb mit 17 behornten Milchkühen, weiblicher Nachzucht, sowie einem Zuchtstier wird bereits seit 1989 biologisch geführt. Schon nach wenigen Begrüßungssätzen von Franz Taschl war es klar, dass hier „BIO“ keine Wirtschaftsweise, sondern Überzeugung ist.

Interessant war auch der Grund, warum mit der Direktvermarktung von Milch begonnen wurde: „Damit wir für uns und unsere 6 Kinder auch etwas Gutes haben und nicht zuerst alles verkaufen und dann wieder von irgendwo zukaufen müssen.“ Heute wird ein bis vier Mal wöchentlich am Betrieb gekäst und ca. 10 Bio- und Bauernläden werden mit fünf verschiedenen Frisch- und Schnittkäsesorten versorgt. Werbung braucht es dafür keine, denn wenn man ein qualitativ hochwertiges Produkt produziert, dann kommt die Kundschaft von alleine. Noch während des Melkens wird der Milch das Lab zugesetzt und so ist es möglich, dass der Frischkäse bereits fertig ist, noch bevor der Konsument im Geschäft die Frischmilch kaufen kann. Dass die Taschl’s die Kunst des Käsens nicht nur in der Theorie perfekt beherrschen, sondern dass ihr Käse auch ausgezeichnet schmeckt, davon durften wir uns dann auch selbst überzeugen.

Alles Hanf in der Hanfwelt

Bestens gestärkt ging es dann weiter zur Hanfwelt der Familie Riegler-Nurscher. Hanf hat in Österreich und am Betrieb Riegler-Nurscher eine lange Tradition, doch dass darin nun der Betriebsschwerpunkt liegt, ist eher dem Zufall zu verdanken. Nachdem der Betrieb 1996 auf BIO umgestellt wurde, wurde Hanf als eine von vielen Kulturen ausprobiert.

Auf die Freude über das gute Wachstum folgte aber gleich die Ernüchterung, dass es niemanden in der Region gab, der Hanf ernten oder vermarkten konnte. Aus diesem Grund stieg der Betrieb selbst in die Hanfvermarktung ein und verarbeitet derzeit jährlich 300 bis 400 ha österreichischen Hanf weiter. Die Palette reicht von Hanföl, über Hanfnudeln bis hin zu Hanfschokolade und Kleidung. Diese Produkte findet man nicht nur in Österreich, sondern auch in Regalen von Amerika bis Japan. Wer jedoch bei dem vielfältigen Angebot hoffte, eventuell auch entspannungsfördernde Tabakprodukte zu finden, wurde kläglich enttäuscht – schließlich müsste man ca. 18 Tonnen Kulturhanf rauchen, um womöglich eine leichte berauschende Wirkung zu erfahren. Neben der Hanfvermarktung werden am Betrieb der Familie Riegler-Nurscher auch jährlich rund 600 bis 700 Weidegänse und Masthühner gehalten und direkt am Betrieb geschlachtet und weiter verarbeitet. Nach einer kleinen Verkostung ging es weiter zum letzten Programmpunkt des ersten Exkursionstages, zum Biohof der Familie Leichtfried.

Junges Gemüse am Biohof Leichtfried

Rita und Josef Leichtfried bewirtschaften den Betrieb seit 1993 biologisch. Am Betrieb geht es vorrangig nicht darum, den Gewinn zu maximieren, sondern um Leute in der Landwirtschaft zu beschäftigen. So helfen alle 6 Kinder, sofern es das Alter zulässt, kräftig am Betrieb mit.

Der Betrieb wurde im Laufe der Zeit schrittweise weiterentwickelt und so bewirtschaftet Familie Leichtfried heute über 50 ha Grund, auf denen neben Grünland und Acker (u.a. diverse Getreidearten, Mais, Kürbis, Kartoffel) auch ca. 5 ha Feldgemüse, sowie 4 Folientunnel Platz finden. Die Produkte werden zu einem großen Teil direkt über den eigenen Hofladen vermarktet. Neben der Familie leben am Betrieb noch 180 Milchziegen, 10 Kühe, 4 Hausenten, sowie einige Hühner.
Nicht nur der Betrieb wird in Gemeinschaft mit der jungen Generation geführt, sondern auch einige Maschinen wurden gemeinschaftlich mit einigen anderen Bäuerinnen und Bauern aus der Region angeschafft. Diese Form einer funktionierenden Kooperation bringt für alle Beteiligten (außer vielleicht für die Maschinenverkäufer) Vorteile und ist definitiv erstrebenswert. Gemeinschaftlich ging es nach der Betriebsbesichtigung auch beim gemütlichen Abendessen am Betrieb weiter.

Da die Nachbesprechung des ersten Tages etwas länger dauerte, sahen wir erst am nächsten Tag die schönen Seiten unserer Unterkunft am Urlaub am Bauernhof Betrieb der Familie Distelberger in Purgstall. Nachdem wir mit den Worten „leider sind wir kein Bio-Betrieb“ begrüßt wurden, führte uns Josef Distelberger durch den Wildpark der Familie. Auf den 23 ha finden neben Sika-, Dam-, Rotwild, Mufflons und Wildschweinen auch diverse Kleintiere Platz, sodass am Betrieb insgesamt 45 verschiedene Tierarten beherbergt werden. Nachdem wir das bereits 1996 am Betrieb erbaute Kleinwindkraftwerk am Betrieb besichtigt haben, ging es weiter nach Gumprechtsfelden zum Biobetrieb Lutz.

Biolutz – Bio bis zur Wurzel

Der Betrieb wird bereits seit dem Jahr 1978 biologisch geführt. Während zu Beginn der Schwerpunkt vor allem im Bereich Milchvieh lag, hat sich der Betrieb mit der Zeit vor allem auf den Anbau und die Vermarktung von Gemüse spezialisiert. Ganz nach der Leitfrage des Betriebes „Kennst du deine Wurzeln?“ liegt der Schwerpunkt im Bereich Wurzelgemüse.

Auf den bewirtschafteten 75 ha werden mit einer achtschlägigen Fruchtfolge auf 20 bis 25 ha verschiedene Feldgemüse kultiviert. Vermarktet werden in der „Bio-Lutz GMBH“ aber nicht nur die Erzeugnisse des eigenen Betriebes, sondern die Produktpalette wird durch Waren von ca. 150 weiteren Biobauern und Biobäuerinnen ergänzt. Mit 25 Angestellten im Handelsbetrieb werden neben dem Hofladen vor allem Großküchen und Gastronomiebetriebe versorgt. Gerade für diese Abnehmer ist eine Vorverarbeitung der Produkte von Bedeutung und so lernten wir auch, wie die Produkte vor der Auslieferung bearbeitet werden können.

Most aus dem Mostviertel – Biohof Adelsberger

„Gsundheit!“ – „Sollst leben!“ Am Betrieb der Familie Adelsberger im kleinen Erlauftal bekamen wir schließlich Einblicke in die Herkunft des Namens „Mostviertel“ – nämlich den Most. Mit ihren 4 Kindern führen die Adelsbergers ihren Betrieb seit dem Jahr 1991 biologisch. Am Betrieb in der Bergbauernzone 3 werden 12 Mutterkühe, Schweine, Hühner und Bienen gehalten.

Der Schwerpunkt liegt allerdings vor allem in der Streuobstweiterverarbeitung und so werden jährlich rund 6.000 Liter Saft und 14.000 Liter Most produziert, welche ca. zur Hälfte ab Hof, sowie über den Handel und die Gastronomie vermarktet werden. BIO ist dabei eine Überzeugung und was mit Freude gemacht wird, das kommt ihrer Meinung nach auch wieder zurück. Seit zwei Jahren engagiert sich Leopoldine Adelsberger auch im Landesvorstand von BIO AUSTRIA NÖ, wobei für sie dabei gerade die junge Generation die größte Motivation dafür darstellt. Dass Most keineswegs ein Altherrengetränk ist, wie es zum Teil in anderen Bundesländern heißt, davon konnten wir uns bei der anschließenden Verkostung nach der Betriebsbesichtigung selbst überzeugen, bevor es für uns auf den Kerschenberg ging.

Getreideprodukte vom Kerschenberg – Biohof Prüller

„Spezialitäten mit Tradition“ so lautet der Leitspruch am Betrieb der Familie Prüller. Neben den 21 Milchkühen, werden am Betrieb Roggen, Dinkel, Weizen und Hafer angebaut und unter anderem zu Vollkornnudeln, Flocken, Mehl, Reis und Grieß weiter verarbeitet. Wir konnten live beobachten, dass es für die Herstellung von Dinkelvollkornnudeln tatsächlich nur Wasser und Mehl, sowie die passende Maschine und die nötige Portion Wissen bedarf.

Als dann die örtliche Musikkapelle vorm Haus aufspielte, waren wir über den großen Empfang doch etwas überrascht. Diese musikalische Begrüßung war aber mehr dem Zufall zu verdanken, denn an diesem Tag fand der „Tag der Blasmusik“ statt und fand bei Familie Prüller seinen Abschluss. Dieser Abschlussort war bei der großen Auswahl an Edelbränden und Likören, die ebenfalls am Betrieb erzeugt werden, nicht allzu überraschend. Nachdem wir uns in unserer Unterkunft gestärkt haben, erhielten wir noch Verstärkung von zwei BANGs, die nach einem Arbeitstag noch die weite Reise aus Vorarlberg bzw. Tirol zu uns ins Mostviertel angetreten haben. Gemeinsam ließen wir den Abend dann gemütlich ausklingen.

Erneuerbare Energien am Biohof Wimegg

Am Betrieb Wimegg der Familie Hochwallner fand unsere Exkursion schließlich am Sonntag einen gebührenden Abschluss. In den letzten Jahren wurde am Betrieb sehr stark investiert und so wirkte der Stall zum Teil schöner gestaltet, als so manches Wohnaus. Neben der Milchviehhaltung setzt der Betrieb vor allem auf erneuerbare Energien.

Mit der Photovoltaikanlage und dem Holzvergaser am Betrieb werden jährlich rund 250.000 kWh Strom produziert, weit mehr als der Betrieb selbst benötigt. Die anfallende Wärme wird mittels 80.000 l Pufferspeicher gespeichert und findet auch im Sommer bei der Heutrocknung eine sinnvolle Verwendung. Für das betriebliche Gesamtkonzept erhielt der Betrieb auch 2013 den Klimaschutzpreis. Bei sämtlichen Baustoffen, sowie auch bei den am Bau beteiligten Firmen wurde und wird auf Regionalität gesetzt und wie man am sehr liebevoll gestalteten biologischen Badeteich erkennen konnte, wurde auch stark in die persönliche Lebensqualität investiert. Bereits bei der Begrüßung stellte Herr Herbert Hochwallner fest, wie wichtig es ist, dass sich gerade junge Leute viel ansehen und dies zeigte auch diese BANG-Exkursion sehr deutlich.

Neben der angenehmen gemeinsamen Zeit, in der neue Freundschaften entstanden und bereits bestehende gefestigt wurden, war diese Exkursion für uns alle sehr interessant, lehrreich und auch motivierend. Oftmals wird uns Jungen erklärt, wie schwierig es heutzutage in der Landwirtschaft ist. Doch die von uns besichtigten Betriebe, sowie jeder und jede von der BANG zeigt, dass gerade die biologische Landwirtschaft mit all ihren Facetten eine enorme Bereicherung in vielerlei Hinsicht ist und eine erfüllende und gesunde Zukunft bietet.