Hochwertiges Kalbfleisch ist rosa

Kuh und Kalb
@Ratz Raimund

Dass rotes Kalbsfleisch geschmacklich mit dem weißen Fleisch auf jeden Fall mehr als mithalten kann, bestätigte unlängst eine vom „Koch-Campus“ organisierte Kalbfleisch-Blind-Verkostung, bei der österreichische Spitzenköche und Produzenten sich für einen unvoreingenommenen Vergleich trafen.

Wer gerne Kalbfleisch kauft, kocht und genießt, wählt das Frischfleisch traditionell unter dem Gesichtspunkt der Fleischfarbe aus. Kalbfleisch ist in unseren Köpfen als besonders leicht bekömmlich, zart und geschmackvoll verankert. Noch immer glauben viele, dass diese Eigenschaften mit einer besonders hellen Farbe verbunden sind. Bei Österreichs Spitzenköchen setzt sich jedoch zunehmend die Erkenntnis durch, dass weißes Fleisch geschmacklich keine Vorteile gegenüber rotem Kalbfleisch hat. Dies zeigte nun auch die Blind-Verkostung des „Koch-Campus“, einer Vereinigung von hochkarätigen Köchen und Produzenten:
Den ersten Platz dieser Verkostung machte Biolandwirt Michael Kerschbaumer aus Radenthein. Unter den ersten sechs Plätzen finden sich 5 Bio-Vollmilchkälber und ein österreichisches Kalb-Rose und damit durch die Bank dunkleres Fleisch wieder. Das hellere Fleisch, das aus Holland und Deutschland stammte, belegte nur die letzten Plätze. 


Biokälber haben von Haus aus eher rötliches Fleisch. In der biologischen Landwirtschaft muss allen Kälbern bereits ab der zweiten Woche Wasser und Raufutter angeboten werden. Nur so kann eine tiergerechte Ernährung sichergestellt werden. Dem Sieger, Michael Kerschbaumer, ist es wichtig zu erwähnen, dass die Biolandwirtschaft mit gutem Geschmack und nachhaltiger Wirtschaftsweiße punktet und nicht mit der Fleischfarbe. Er ist sich sicher: „Gruppenhaltung, Auslauf und zusätzliche Fütterung von Heu ergeben einen außergewöhnlichen Geschmack. Außerdem ist in der biologischen Landwirtschaft für die Fütterung der Einsatz von Milchersatzprodukten verboten, wo das teurere Milchfett durch das viel günstigere Palmfett ausgetauscht wird! Auch das ist ein Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit und Tierwohl“. Die natürliche und tiergerechte Fütterung mit Heu und reiner Kuhmilch kann nur in der biologischen Landwirtschaft garantiert werden, denn hier gibt es auch strenge jährliche Kontrollen durch österreichische Kontrollstellen. Dabei wird neben der Fütterung auch ein Augenmerk auf den Auslauf und die Haltung der Tiere gelegt.

Auch Hans Kreschischnig, Obmann von Bio Austria Kärnten sind tiergerechte Fütterung und kurze Transportwege wichtig: „Uns als größtem Bio-Verbandes Kärntens und Österreichs ist es wichtig, dass die Kälber so natürlich wie möglich gefüttert werden. Unerfreulich ist, dass die Konsumenten eher zu weißem Kalbsfleisch aus dem Ausland, als auf bestes Bio-Kalbfleisch aus Österreich setzen. Ich hoffe, dass sich durch diese Blind-Verkostung die Meinung der Konsumenten nun ändert. Wir freuen uns, dass den Sieg der Blind-Verkostung einer unsere Mitgliedbetriebe erhalten hat. Das beweist, dass Bio Austria Betriebe qualitativ hochwertige Produkte erzeugen!“ Hervorragende Qualität und Tierwohl sollten auch die wichtigsten Auswahlkriterien für Österreichs beliebtesten Festtagssbraten sein.

Infobox

Sehr hell ist das Kalbfleisch dann, wenn die Kälber einzig mit Milch gefüttert werden: Milch enthält nur sehr wenig Eisen, das unter anderem für die Synthese von Hämoglobin (roter Blutfarbstoff) notwendig ist.  Und da in früheren Zeiten Milchkälber – vor allem aus Kostengründen, um Futter zu sparen – sehr jung geschlachtet wurden, hat es sich eingebürgert, dass Kalbfleisch in unseren Breiten eher weiß sein soll. Inzwischen werden die Kälber aber länger gehalten und ältere Kälber brauchen auch Rohfaser (beispielsweiße Heu oder Stroh,) um sich optimal entwickeln zu können. Nehmen die Kälber zusätzlich Heu oder Stroh auf, steigt der Hämoglobin-Wert an, die Farbe verändert sich von weiß zu rosa bis rot. Die rote Farbe steht also vor allem auch für eine artgerechte Haltung und Tierwohl.

  • DI Astrid Pichorner

    BIO AUSTRIA Kärnten, Landwirtschaft
    Grünland und Wiederkäuer
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