Landwirtschaft geht uns alle an

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Warum die GAP so wichtig ist

Die Abkürzung GAP steht für Gemeinsame Europäische Agrarpolitik – diese geht zurück auf die Versuche Europas, nach dem Zweiten Weltkrieg die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu stabilisieren. Mit der Entstehung des Europäischen Wirtschaftsraumes im Jahr 1957 begannen die Gründungsländer mit Überlegungen zu einem gemeinsamen landwirtschaftlichen Konzept, das 1962 in der Gründung der GAP gipfelte. 

Nachkriegsjahre

Primäres Ziel war es, die Bevölkerung nach den zerstörerischen und entbehrungsreichen Kriegsjahren ausreichend zu ernähren und den Bäuerinnen und Bauern, die ein deutliche niedrigeres Einkommen als andere Berufsgruppen erzielten, eine bessere Entlohnung zu sichern. Mittels Erzeugerpreisgarantien und staatlicher finanzieller Unterstützung sollten die Märkte stabilisiert und der Wettbewerb über Ländergrenzen hinweg geregelt werden. Lange Zeit war die Produktionssteigerung oberste Prämisse der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik, die auch entsprechende Erfolge vorwies: Erträge wurden maximiert, sodass genügend Nahrungsmittel zur Verfügung standen, allein das Einkommen der Bäuerinnen und Bauern hinkte, trotz staatlicher Unterstützung, hinterher.

Modernisierung

Um deren Situation zu verbessern, setzte EU-Agrarminister Sicco Mansholt in den 1970iger Jahren auf Modernisierung. Die Optimierung der Anbauflächen und das Schaffen größerer Betriebseinheiten waren die „Zaubermittel“ der Mansholt Ära – und der Beginn des bis heute anhaltenden Strukturwandels. Bis in die 80iger Jahre wurde die Produktion so weit gesteigert, dass die Nachfrage nicht mehr mithalten konnte. Diejenigen, die schon ein wenig älter sind, werden sich an die Folgen noch erinnern können bzw. davon gehört haben: Butterberge und Milchseen entstanden, ein Überschuss, der entweder weggeworfen oder billig auf dem Weltmarkt „verramscht“ wurde – und lokale Märkte zerstörte.  

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Ein Umdenken beginnt

Im Laufe der Jahre veränderte sich der Fokus der GAP. Mit der MacSharry Reform von 1992, benannt nach dem damaligen EU-Agrarminister Ray MacSharry, wurden die Förderungen von der Produktion entkoppelt und die bäuerlichen Einkommen direkt gefördert. Statt unbegrenzter Preisgarantien wurden zwecks Regulierung des Marktes Milchquoten eingeführt, und auch der Umweltgedanke fand erstmals Berücksichtigung in der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik.

Green Deal

Dieser Gedanke erreichte 2019 einen vorläufigen Höhepunkt im Green Deal, einem Konzept für nachhaltiges Wirtschaften in der Europäischen Union, dessen Kernstücke die Biodiversitäts- und die Farm-to-Fork- Strategie sind. Letztere soll gewährleisten, dass die Landwirtschaft innerhalb der EU umweltfreundlicher wird. Unter anderem durch Pestizidreduktionsziele und die Erhöhung des Bio- Anteils an der landwirtschaftlichen Fläche innerhalb der EU bis 2030 auf 25 Prozent. Die Verantwortung für die Erfüllung des Green Deals liegt bei den jeweiligen Nationalstaaten, deren Agrarminister:innen ihn ja auch im Ministerrat mitverhandelt haben.

Ernüchternd, dass bereits die Ukrainekrise dem Nachhaltigkeitsbestreben einen Dämpfer versetzt. Beziehungsweise bot sie all jenen, die dem Green Deal von Haus aus kritisch gegenübergestanden waren, einen guten Vorwand, um die Auflagen ein wenig zu verwässern. An sich müssen Landwirt:innen mindestens 4 Prozent der Ackerfläche als Bracheflächen bereitstellen, um überhaupt in den Genuss von Förderungen zu kommen. Doch schon 2023 wurden erste Ausnahmen definiert, was das Anlegen dieser nicht bewirtschafteten Flächen anbelangt. Das dahinterstehende vorgeschobene Argument ist, dass man durch den Wegfall von Getreide aus der „Kornkammer Europas“ nicht auf wertvolle Ackerflächen verzichten kann, um die Ernährung der Bevölkerung in (und außerhalb von) Europa zu sichern. Also wieder zurück zu Produktionsmaximierung um jeden Preis? Jedenfalls lässt der von der EU-Kommission Mitte März als Reaktion auf die europaweiten Bauernproteste vorgelegte Vorschlag zur Vereinfachung der GAP befürchten, dass es sich eher um ein Aufweichen von Umweltzielen und die Benachteiligung von biologisch wirtschaftenden Betrieben handelt, als um bürokratische Erleichterungen. Es gilt abzuwarten, wie die Pläne auf nationaler Ebene umgesetzt werden.

Bio in der GAP

Die GAP ruht auf zwei Säulen. In der ersten Säule, deren Mittel direkt aus dem Haushalt der Europäischen Union stammen, sind die „Direktzahlungen“ verankert. Alle Betriebe bekommen unabhängig von Bewirtschaftungsart oder geografischer Lage denselben Fördersatz pro Hektar. Seit 2023 gibt es außerdem eine Umverteilungszahlung. Durch diese bekommen die ersten 40 Hektar Fläche noch eine Zusatzzahlung pro Hektar bekommen. Damit sollen kleine bäuerliche Familienbetriebe zusätzlich unterstützt werden. 

In der „Ländlichen Entwicklung“, der zweiten Säule, werden Gelder für Agrarumweltprogramme ausbezahlt oder Ausgleichszahlungen für Betriebe in benachteiligten Regionen geleistet. Das können zum Beispiel Bergbauernhöfe sein. Diese Gelder sind ko-finanziert. Sie stammen also zum Teil aus dem EU-Haushalt, zum Teil aus nationalen Mitteln.

Für Bio-Betriebe ist die Maßnahme „Biologische Wirtschaftsweise“ aus dem ÖPUL, dem „Österreichischen Programm zur Förderung einer umweltgerechten, extensiven und den natürlichen Lebensraum schützenden Landwirtschaft“, essenziell. Hier erhalten die Biobäuerinnen und Biobauern Zahlungen, weil sei biologisch wirtschaften. Wasserschutz, Biodiversität, Artenschutz, Bodenschutz, all das sind Leistungen der Biobäuerinnen und Biobauern, die am freien Markt nicht eigepreist werden können. Ihr Mehraufwand und ihre Leistungen für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen werden über die zweite Säule anerkannt und zum Teil abgegolten.

Nach der GAP ist vor der GAP

Ein siebenjähriger Finanzplan auf europäischer Ebene bildet den Rahmen für die Ausgestaltung der GAP. Die EU-Kommission erarbeitet einen Vorschlag für die Verordnungen, der im Trilog mit dem Agrarministerrat und dem Europäischen Parlament verhandelt wird. Am Ende des Prozesses steht die Zustimmung durch den Rat der Europäischen Union sowie die Abstimmung im Plenum des Europäischen Parlaments. 

Der erste Entwurf für die aktuelle Periode, die ursprünglich ab Jänner 2021 gelten sollte, wurde bereits 2018 vorgelegt. Allerdings kam es zu Verzögerungen bei den Verhandlungen, sodass die GAP 2014-2020 auf den Zeitraum 2021-2022 ausgeweitet wurde. So konnte die rechtliche und finanzielle Unterstützung für Bäuerinnen und Bauern weiterhin aufrechterhalten werden. 

Ohne die GAP wäre Bio in Österreich nicht so stark geworden. Sie wird auch weiterhin bestimmen, wie die Landwirtschaft innerhalb Europas ausgestaltet ist. Umso wichtiger ist es daher, die Gemeinsame Agrarpolitik auf zukunftsfähige Beine zu stellen. Damit eine Landwirtschaftsform gefördert wird, die zum Erreichen der Ziele des Green Deals beiträgt, den Ansprüchen der Gesellschaft entspricht sowie den brennenden Herausforderungen unserer Zeit etwas entgegensetzen kann.

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