Ausgezeichnet – Ein Garten im Wald

Familie Engelhart hat auf ihrem Bio-Betrieb in Inzersdorf Waldgärten angelegt. Für dieses Konzept wurde sie beim BIO AUSTRIAFuchs 2019 mit dem ersten Plazt ausgezeichnet.

© Regina Spany

Waldgärten haben sich aus der Permakultur entwickelt und sind einer jungen Waldgemeinschaft nachempfundene Pflanzengemeinschaften mit überwiegend essbaren Baum- und Strauchfrüchten, Kräutern und Wildgemüse. Eine Vielzahl an unterschiedlichen Wuchsformen wird dabei auf die bestmöglichste Art und Weise kombiniert, um die Bodenfruchtbarkeit zu verbessern, ein lokales Kleinklima zu schaffen und mit dem geringstmöglichen Arbeits- und Maschinenaufwand den besten Nutzen zu erzielen.

Beitrag zum Klimaschutz

„Waldgartensysteme sind durch Humusaufbau, Förderung der Artenvielfalt und Schaffung eines lokalen Kleinklimas ein Beitrag zum Klimaschutz und eine Chance für die kleinstrukturierte Landwirtschaft“, erklärt Reinhard Engelhart, „und zwar auf den Flächen, die mit Maschinen schwer erreichbar sind.“ Das war auch seine Motivation Anfang der 2000er-Jahre, dieses Konzept am Betrieb auszuprobieren.

Nach der Anlage eines Waldgartens wird der Boden nicht mehr bearbeitet – Ausnahme ist der kleinflächige Gemüsebau. Durch die vielschichtige Bepflanzung erfolgt jährlich ein großer Eintrag von organischem Material, wodurch der Humusgehalt des Bodens rasch zunimmt. Zudem schaffen der vielfältige Bewuchs und das reduzierte Mähen ein optimales Umfeld für Insekten, Vögel und Kleintiere. So wurde am Betrieb Engelhart beispielsweise der Bienenfresser wieder angesiedelt. Es gibt ausreichend Winternahrung für Vögel und Kleinsäugetiere. Der Verzicht auf jegliche Form von Pflanzenschutz stärkt die Artenvielfalt zusätzlich.

Speziell bei bereits entwickelten Waldgärten erfolgt ein permanenter Wechsel von Sonne und Schatten. Dadurch entsteht ein lokales Kleinklima, dass die Verdunstung hemmt und auch den Wind abbremst. In den bisherigen Jahren mit extremer Trockenheit im Sommer zeigte sich, dass die Ertragsstabilität in Waldgärten um ein Vielfaches höher ist als auf offenen Feldern.

Drei Gärten am Hof

Bei Familie Engelhart sind derzeit drei unterschiedliche Waldgärten angelegt. Da gibt es den Naschgarten am Hofareal, cirka 150 m2 groß, zur Selbstversorgung mit Gemüse, Obst, Beeren und Kräutern sowie zur Erholung mit einer Laube und Biotop. Ein weiterer ist 3.800 m2 groß und liefert vorrangig Produkte zur Be- und Verarbeitung wie Sanddorn, Walnüsse und Holunder. Der dritte Waldgarten hat eine Größe von 2.900 m2, er dient der Kräuterproduktion, erweiterten Selbstversorgung mit Obst und Gemüse und liefert Marillen für den Verkauf und die Verarbeitung.

Zwischen den Strauch- und Baumreihen wird im Frühling und vor der Ernte der Aufwuchs gemäht und gemulcht. Gedüngt wird mit Kompost und Rindermist. Waldgärten sichern zwar am Betrieb Engelhart nicht die wirtschaftliche Existenz, jedoch ist der Biobauer mit den Erträgen bei Sanddorn und Walnuss inzwischen sehr zufrieden.

Bei der Anlage ist aufgrund der unterschiedlichen Wuchshöhe auf die Sonneneinstrahlung zu achten, Bodenverhältnisse spielen bei der Pflanzenauswahl eine Rolle und die Weggestaltung ist entscheidend dafür, ob dieser mit der Hand oder mit Maschinen bearbeitet werden soll. Und man müsse sich über die Zielsetzung klar sein, meint Engelhart. Denn es sei ein Unterschied, ob ich mich im Waldgarten erholen, mich selbst versorgen oder Produkte auch verarbeiten und verkaufen will.

Attraktives Angebot

Reinhard Engelhart ist vom Konzept der Waldgärten überzeugt und hofft, dass das Interesse daran steigt: „Waldgärten sind vor allem für Klein- und Kleinstbetriebe eine attraktive Alternative zur herkömmlichen Bewirtschaftung beziehungsweise zur Verpachtung. Je nach Zielsetzung können Waldgärten sowohl extensiv als auch intensiv genutzt werden.“ Für Direktvermarkter steigern vielfältige Produkte in kleinen Mengen auch die Attraktivität des Angebotes im Hofladen, weiß Engelhart. Er begleitet seine Kunden beispielsweise auch bei der Selbsternte von Marillen, das trägt zusätzlich zu Kundenbindung bei, kann er doch sein Konzept bei gemeinsamen Aktivitäten besonders gut vermitteln.

Mehr Information

Reinhard Engelhart bietet Seminare für Interessierte an, Informationen finden Sie auf
www.waldgarten.global

Weitere Preisträger des Innovationspreises BIO AUSTRIA Fuchs

weitere Preisträger finden Sie hier

Buchtipp

Das große Handbuch Waldgarten

Autor: Patrick Whitefield, OLV Verlag, 2015

Besprochen werden unter anderem, was ein Waldgarten tatsächlich ist und wie er funktioniert, die zahlreichen Vorteile, die Waldgarten-Pflanzengemeinschaft mit der richtigen Auswahl an Arten und Sorten, das Waldgartendesign unter der Berücksichtigung der Standortbedingungen, Pflanzenernährung, Regulierung von „Schädlingen“, Krankheiten und nicht erwünschten Wildkräutern, Vor-, Pflanz- und Pflegearbeiten und vieles mehr.