Biobauer, Biobäuerin sein in stürmischen Zeiten
Die letzten Jahre boten Phasen, in denen die Entscheidung, Biobauer zu sein, zu bleiben oder zu werden leichter war als in den aktuellen Wochen und Monaten.
Die Kugel rollte schon ruhiger.
In diesem Beitrag und einem weiteren in einer kommenden Ausgabe fassen wir die Situation der Biolandwirtschaft in Salzburg, Österreich und darüber hinaus zusammen und wollen ins Bewusstsein rufen, dass jede/r von uns die zukünftige Entwicklung der Biolandwirtschaft mit der Art und Weise seines Tuns mitbestimmt.
Biologische Landwirtschaft in Österreich:
In über 40 Jahren wurde die heutige Akzeptanz und Relevanz in der Landwirtschaft, Gesellschaft und auf dem Lebensmittelmarkt erarbeitet.
Der Stellenwert, den die Biolandwirtschaft in Österreich erreicht hat, ist das Ergebnis langjähriger hartnäckiger Arbeit mit Rückschlägen und Erfolgen auf den vielen Biobetrieben von der Pionierarbeit bis zu jenen, die erst kürzlich zu der Erkenntnis gelangt sind: Ja, das hat Sinn.
Bio ist Erfolgsgeschichte!
Die Entscheidung, auf die biologische Landwirtschaft zu setzen, war und ist für viele Salzburger Landwirtschaftsbetriebe die richtige.
Die Erfolgsgeschichte der letzten Jahre wird nicht dadurch geschmälert, dass aufgrund einer Krisensituation medial Hysterie betrieben wird.
Das Viertel Butter um gut 3 Euro, kürzlich in einer Nachrichtensendung als „für Viele nicht mehr bezahlbar“ bezeichnet, nähert sich jetzt seinem wahren Wert. Für ein Kilo Butter werden nunmal 25 Liter Milch benötigt. Kurz: Panik ist nicht angesagt. Information und Kommunikation gegenüber der Gesellschaft sowie Standhaftigkeit gegenüber der eigenen Sache ist gefragt.
Dass BIO in der Öffentlichkeit Früchte trägt, zeigt auch die Tatsache, dass der Biomarkt in Österreich trotz der Teuerungswelle bislang nicht eingebrochen ist. In Nachbarländern zeigen sich diesbezüglich größere Schwierigkeiten.
Die Verringerung der Preisspanne zwischen manchen konventionellen und biologischen Produkten im Geschäftsregal sehen einige als positiven Effekt, der die angespannte Marktsituation überbrücken und Abwanderung von Biokunden verhindern hilft, andere als Katastrophe, weil sich der Mehrwert der Bioprodukte zu wenig abbildet.
In Anbetracht der Wucht, mit der die Ereignisse und Hiobsbotschaften in den letzten Monaten auf uns zurollten, sind Marktverwerfungen jeglicher Art und Intensität wenig überraschend.
Mit einer guten Portion Gelassenheit werden wir diese unsichere Phase übertauchen. Und mit vereinten Kräften werden wir unseren Anteil einfordern, den Mehrwert unserer Arbeit wieder ins rechte Licht rücken müssen, wie wir das auch in der Vergangenheit immer getan haben.
„Bio“ muss liefern!
In Zusammenarbeit von Praxis, Wissenschaft, Forschung und verbandseigener Beratung ist mit dem Biolandbau eine Methode etabliert, von der wir wissen, dass sie funktioniert und in der Lage ist, unter Schonung der natürlichen Ressourcen Erträge zu erwirtschaften.
Erträge, die auf Dauer Versorgungssicherheit garantieren können.
Dass Biolandwirtschaft mit den Höchsterträgen konventioneller Methoden nicht mithalten kann, sollte uns in keiner Weise beunruhigen.
Langfristig muss die Sache Bestand haben, und dieses Match zwischen Bio und konventionell ist zugunsten des Biolandbaus entschieden!
An der „Methode“ Biolandwirtschaft müssen wir aber laufend weiterarbeiten. Neben dem ständigen Kampf gegen inakzeptable Forderungen und Vorschriften, woher auch immer sie kommen mögen, lauert auch permanent die Gefahr, Wesentliches aus den Augen zu verlieren und gefährliche Kompromisse einzugehen (z.B. in Düngung, Pflanzenschutz, Fruchtfolge oder Gentechnik..).
Genau deshalb ist ein hoher Organisationsgrad der Biobauern im Verband BIO AUSTRIA notwendig. Nur organisiert können wir das „Werkl“ zusammenhalten.
WIR Biobauern wissen wie Tiere gehalten werden sollen. Wir wissen auch wie Fruchtfolgen auszusehen haben. In jahrzehntelanger Praxis haben WIR das entwickelt, nicht „Qualitätssicherungsabteilungen“ in Bürohäusern von Handelskonzernen. Das braucht uns niemand von außen zu erklären.
Um Marketingschmähs aller Art etwas entgegenzusetzen, ist die Identifikation mit einem eigenen bäuerlichen Bio-Standard, der eigenen „Marke“, von entscheidender Bedeutung. Hier dürfen und sollen wir etwas mehr Selbstbewusstsein vor uns her tragen.
Eine solche Identifikation kann der BIO AUSTRIA Standard bieten.
Er hat einen belegt hohen Bekanntheitsgrad in Österreich. So erinnert sich der Supermarktkunde durch das sonnengelbe Logo auf einem Produkt an seinen BIO AUSTRIA Direktvermarkter genauso wie umgekehrt. Eine echte Win-Win-Situation für jeden Biobetrieb und jeden Verarbeiter und Vermarkter, der Bioprodukte mit dem Label auf den Markt bringt. Jede und jeder Einzelne von uns Biobäuerinnen und Biobauern hat eine Verantwortung für den „Markt“, für die Attraktivität unserer Erzeugnisse beim Kunden!
Ein gemeinsamer Standard schützt vor Verwässerung und Wildwuchs. Denn nichts ist langfristig gefährlicher für den Premiumstandard Bio, als Unklarheit.
BIO muss also liefern: Qualität, Quantität, Charme und Sicherheit.
Die Systemleistungen gemeinsam kommunizieren
Die grundsätzlichen Vorzüge der Biolandwirtschaft haben sich in den letzten Jahrzehnten kaum verändert, sie sind nur wichtiger denn je!
Themen wie Bodenschutz, Humuswirtschaft, Ressourcen-Effizienz, standortangepasste Bewirtschaftung und Fruchtfolge werden nicht alt.
Artenvielfalt und die CO2 Bilanz sind in den vergangenen Jahren brisanter geworden. Dem trägt BIO AUSTRIA insofern Rechnung, als wir beispielsweise die Förderung der Artenvielfalt in unseren Standard festgeschrieben haben und sie mit einem Werkzeug, dem Biodiversitätsrechner, sichtbar machen. So werden aus Erzählungen herzeigbare Fakten.
Das Biobauer/Biobäuerin sein ist viel mehr, als ein Bündel von Richtlinien und Vorgaben einzuhalten, die uns zweifellos schwer fordern.
Allen äußeren Einflüssen und Forderungen gegenüber sind wir dann bestmöglich gewappnet, wenn wir uns darauf verlassen können, in und mit einer großen Interessensgruppe eben deren Interessen voranzutreiben und die Wurzeln unserer biobäuerlichen Werte nicht zu verlieren. Wurzeln geben bekanntlich Standfestigkeit und verhindern Erosion.
Ulrike Gangl, Obfrau BIO AUSTRIA Salzburg