Breite Initiative fordert Trendwende für Klima- und Artenschutz in österreichischer Landwirtschaft

Greenpeace_Podiumsdiskussion_BioLandwirtschaft_
© Pan Ashigaru

13. August 2019

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© Pan Ashigaru

Greenpeace, BIO AUSTRIA, Sonnentor, Klimawissenschaftlerin Helga Kromp-Kolb, Fridays For Future, Umweltmediziner Hans-Peter Hutter, ARGE Schöpfungsverantwortung stellen fünf Forderungen an Parteien

Die Initiative “Klimafreundliche Landwirtschaft” fordert von der Politik heute mehr Unterstützung für Klima- und Umweltschutz in der österreichischen Landwirtschaft. Die nächste Bundesregierung entscheidet über die Verteilung der Agrarförderungen in Österreich in den kommenden sieben Jahren. Darin müsse Klima- und Umweltschutz stärker priorisiert werden, so Greenpeace, BIO AUSTRIA, Sonnentor-Gründer Johannes Gutmann, die Klimawissenschaftlerin Helga Kromp-Kolb, der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter und die ARGE Schöpfungsverantwortung. Die Landwirtschaft verursacht laut einer aktuellen Analyse der BOKU im Auftrag der Initiative „Klimafreundliche Landwirtschaft“ bis zu 18 Prozent der österreichischen Treibhausgas-Emissionen, wenn auch jene Emissionen mit berücksichtigt werden, die beispielsweise aufgrund von Futtermittel-Importen entstehen. Diese Emissionen müssten dringend gesenkt werden, so die Initiative „Klimafreundliche Landwirtschaft“ mit Verweis auf ihre fünf Forderungen. Das vorhandene Lösungspotenzial der Landwirtschaft in Bezug auf die Klimakrise müsse gehoben werden. Noch vor der Nationalratswahl wird die Initiative die SpitzenkandidatInnen der Parteien zu ihren Positionen hinsichtlich der Forderungen befragen und die Ergebnisse im September veröffentlichen.

“Mit Dürre, Hagel und Überschwemmungen setzt die Klimakrise der Landwirtschaft in Österreich bereits zu. Gleichzeitig entstehen weltweit rund ein Viertel der klimaschädlichen Treibhausgase durch Landwirtschaft und Landnutzung. Wir brauchen daher dringend eine bessere Agrarpolitik, die konkrete Schritte gegen Klimakrise und Artensterben setzt. Bäuerinnen und Bauern in Österreich müssen von der Politik viel stärker unterstützt werden – dann kann die Landwirtschaft Teil der Lösung im Kampf gegen die Klimakrise und Artensterben sein”, so der Landwirtschaftsexperte Sebastian Theissing-Matei von Greenpeace: “Die nächste Bundesregierung trägt hierfür die Verantwortung. Sie muss jetzt die Weichen für eine umweltfreundliche Landwirtschaft bis 2027 stellen. Danach könnte es für eine Trendumkehr bereits zu spät sein.”

Die nächste Bundesregierung wird die Entwicklung der Landwirtschaft in den nächsten Jahren maßgeblich prägen: Sie entscheidet über die Verteilung der Agrar-Fördermittel in Österreich für die Periode 2021 bis 2027. Dabei handelt es sich um nicht weniger als die wichtigste agrarpolitische Weichenstellung der nächsten Jahre – denn hier wird schwarz auf weiß festgelegt, ob Klima- und Umweltschutz künftig stärker in der österreichischen Landwirtschaftspolitik verankert und gefördert werden.

“Klimaschutz muss in allen Bereichen der Landwirtschaft verankert sein. Daher fordern wir eine Verdoppelung des Anteils an Fördergeldern für Klima-, Umwelt und Tierschutz sowie den Ausbau der biologischen Landwirtschaft von derzeit 25 Prozent auf 35 Prozent der Flächen bis 2028. Der Markt für Bio-Lebensmittel soll unter anderem durch einen Bio-Anteil von 60 Prozent in der Verpflegung öffentlicher Einrichtungen unterstützt werden“, so BIO AUSTRIAObfrau Gertraud Grabmann. Darüber hinaus sollen künftig auf jedem Bauernhof biodiversitätsfördernde Maßnahmen umgesetzt werden. „Dafür muss für jeden bäuerlichen Betrieb eine Biodiversitäts-Fördermaßnahme angeboten und entsprechend abgegolten werden“, betont die Biobäuerin. Weiters fordert die Initiative “Klimafreundliche Landwirtschaft“ eine klima- und tierfreundliche Tierhaltung.

“Klimapolitik und Landwirtschaftspolitik sollten Hand in Hand gehen, denn Klimawandel, Landwirtschaft und Ernährung sind eng verflochten. Essen wir zum Beispiel mehr Gemüse, Hülsenfrüchte und Getreide, und das regional, saisonal und biologisch, dann tun wir etwas Gutes für unsere Gesundheit und für die biologische Vielfalt. Wir reduzieren damit aber auch Treibhausgasemissionen, schützen unsere Böden, bauen mehr Humus auf und machen die Landwirtschaft damit resistenter gegen Dürren und Starkniederschläge. Ein reduzierter Fleischkonsum bedeutet auch einen geringeren Flächenbedarf. Österreich wäre dann weniger abhängig von Lebensmittelimporten”, erklärt Klimawissenschaftlerin Helga Kromp-Kolb.

„Intensive Landbewirtschaftung, die oft mit hohem Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden einhergeht, belastet Ökosysteme und Klima, trägt enorm zum Biodiversitätsverlust bei und gefährdet damit auch die Grundlage für unsere Gesundheit. Alleine die Gesundheitsfolgen von Pestizidbelastungen wie u.a. Tumorrisiko, Beeinträchtigung der Fortpflanzungsfähigkeit und neurologische Erkrankungen, die neben den KonsumentInnen speziell Bäuerinnen/Bauern selber in größerem Ausmaß betreffen, müssten endlich zum Umdenken führen. Aus umweltmedizinischer Sicht ist es längst an der Zeit, sich viel stärker als bisher für eine umwelt- und gesundheitsverträglichere Landwirtschaft zu engagieren”, so Umweltmediziner Hans-Peter Hutter von der Medizinischen Universität Wien.

“Wir bei SONNENTOR setzen seit 1988 zu 100 Prozent auf biologische Landwirtschaft. Unsere Anbaupartner haben es schon immer ohne Chemie geschafft! Diese Gifte brauchen wir nicht, denn diese machen nur die Böden und die Umwelt kaputt. Unsere Kräuter wachsen auf gesunden Böden durch viel Handarbeit und Pflege – ganz im Einklang mit der Natur. Das braucht Zeit und die sollten wir uns dringend nehmen. Wichtig ist die Bewahrung der Vielfalt. Wir brauchen Diversität – nur so bleibt unsere Welt im Gleichgewicht. Eine klimafreundliche Landwirtschaft ist keine Kunst – sie sollte unsere Pflicht sein! Auch die nächsten Generationen haben die Chance verdient, in einer gesunden Umwelt aufzuwachsen. Eine enkeltaugliche Umwelt zu erhalten ist unser Ziel”, so Johannes Gutmann, Gründer von Sonnentor.

“Nicht nur unser Klima, sondern auch unsere Umwelt steht vor dem Kollaps. Wir jungen Menschen haben Angst um unsere Zukunft und fordern sofortige Maßnahmen gegen die Klimakrise – auch in der Landwirtschaft. Die Agrarpolitik der Vergangenheit stand nicht im Einklang mit der Natur und führte zur Ausbeutung unserer natürlichen Ressourcen. Damit muss jetzt Schluss sein, wenn wir eine lebenswerte Zukunft wollen, fordert Lea Paulovics, Aktivistin und Vertreterin von Fridays For Future.

“Der Klimawandel mit seinen Auswirkungen auf die Biodiversität ist eine Tat-Sache! Gefordert ist die Politik Taten zu setzen, wie es unzählige Organisationen, Menschen, Jugendliche, Kinder … weltweit bereits tun und auch Papst Franziskus mit seiner Enzyklika „Laudato si“ einmahnt. Wir fordern eine Nachhaltigkeitsstrategie, die in der Tat Generationenverantwortung im Fokus hat und alle Kräfte bündelt, so Michael Link, Mitarbeiter der ARGE Schöpfungsverantwortung.

Zur Initiative “Klimafreundliche Landwirtschaft”

Die Initiative “Klimafreundliche Landwirtschaft” wurde im August 2019 gegründet. Mitglieder sind Greenpeace, BIO AUSTRIA, Sonnentor, die Klimawissenschaftlerin Helga Kromp-Kolb, der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter, Fridays For Future sowie die ARGE Schöpfungsverantwortung und das Tierschutzvolksbegehren. Gemeinsam stellen die Mitglieder fünf Forderungen an die SpitzenkandidatInnen der österreichischen Parteien zur Nationalratswahl. Die Initiative

“Klimafreundliche Landwirtschaft” wird die KandidatInnen zu ihren Positionen hinsichtlich der fünf Forderungen befragen und die Ergebnisse im September veröffentlichen.

Rückfragen:

Markus Leithner,
Pressesprecher BIO AUSTRIA
M +43 676 842 214 214

Marianne Fobel
Pressesprecherin
Greenpeace CEE in Österreich
M +43 664 816 9716
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