Herausforderungen in der Haltung von Bio-Milchziegen können nur langfristig bewältigt werden
Klarer Auftrag zur Weiterentwicklung der Tierschutzstandards an alle Akteure.
500 Stellungnahmen eingebracht
Derzeit wird die geplante Novelle des Tierschutzgesetzes und mit ihr auch die 1. Tierhalteverordnung in den Medien diskutiert. Rund 500 Stellungnahmen sind in der Begutachtungsfrist beim zuständigen Ministerium eingegangen. Bisher wurde noch keine Neuregelung erlassen. Die Intention dieser Verordnung ist es, einen rechtlichen Mindeststandard für die Haltung der Nutztiere sicherzustellen. Darüber hinaus ist es jedem Bauern möglich, seinen Tieren ein Umfeld zu bieten, das die Vorgaben der Verordnung übertrifft. Dies wird in der Praxis auch so gehandhabt.
Spagat an Herausforderungen
Die Tierhaltung unterliegt, wie auch andere Bereiche der landwirtschaftlichen Produktion, einem steten Wandel. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Praxiserfahrungen werden laufend in bestehenden Systemen getestet und etabliert. Natürlich kann sich der gesamte Entwicklungsprozess nur nach den Möglichkeiten aller Akteure richten. Einerseits veranlassen die marktwirtschaftlichen Bedingungen die Bauern zu einer Vergrößerung der Viehbestände und andererseits fordern Handel und Konsumenten Produkte, die nach dem höchsten tierschutzgerechten Standard produziert werden.
Dieser Spagat stellt Betriebe oft vor große Herausforderungen. Ein Blick in Richtung Milchziegenbetriebe macht deutlich, vor welcher Problematik die Bauern stehen. Innerhalb einer Ziegenherde herrscht eine strenge Hierarchie. Dazu kommt, dass es von Natur aus behornte und unbehornte Ziegen gibt, wofür es auch züchterisch keine Lösung gibt. Rangkämpfe finden daher selbst bei sehr guten Haltungsbedingungen und großem Platzangebot, wie sie in der Bio-Landwirtschaft gegeben sind, statt. Aufgeschlitzte Euter und andere offene Schlitzwunden durch Hornstöße sind in der Praxis keine Seltenheit. Solange von Seiten der Forschung keine praxistauglichen Lösungen vorgestellt werden, wie Milchziegen gehalten werden können, ohne dass lebensbedrohliche Verletzungen auftreten, ist die Enthornung von weiblichen Kitzen bis zu einem Alter von vier Wochen aus Sicht von BIO AUSTRIA die einzige Alternative, um eine tierschutzgerechte Haltung sicherzustellen.
Enthornung unter Schmerzbehandlung
Es ist ein Hauptanliegen der Biobäuerinnen und Biobauern, möglichst wenige bis gar keine Eingriffe am Tier vornehmen zu müssen. Selbstverständlich dürfen solche körperlichen Eingriffe immer nur die letztmögliche Option sein. Dabei muss es das oberste Ziel sein, das Leid der Tiere beim Eingriff zu minimieren. Aus Sicht des Tierwohls ist es sehr positiv, dass der aktuelle Vorschlag für die Änderung der 1.Tierhaltungsverordnung beinhaltet, dass Kitze nur mehr mit Betäubung und Verabreichung von postoperativ wirksamer Schmerzbehandlung enthornt werden dürfen.
Position BIO AUSTRIA
BIO AUSTRIA hat sich daher im Rechtssetzungsverfahren für diese Regelung eingesetzt und wird weiter vertreten, dass eine Enthornung von Kitzen zulässig sein soll, wenn das Tierwohl dabei sichergestellt ist.
Die Bio-Branche sieht den derzeitigen Vorschlag für die 1. Tierhalteverordnung zudem als klaren Auftrag für eine Weiterentwicklung der Tierhaltung auf Betriebsebene. Der Mindeststandard bleibt zukünftig bestimmt nicht das Maß aller Dinge. Eine Weiterentwicklung braucht allerdings Zeit und ist nur im konstruktiven Miteinander von Praxis, Wissenschaft und Beratung möglich.