Krankheiten bei Kälbern vermeiden

© BIO AUSTRIA

Viele Kälber erkranken in den ersten Lebenswochen und entwickeln sich nicht zufriedenstellend. Krankheitsfälle lassen sich jedoch häufig verhindern, wenn Sie auf wichtige Maßnahmen achten.

Die Kälber von heute sind in kurzer Zeit die Milchkühe oder Mastrinder von morgen und damit entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg eines landwirtschaftlichen Betriebes. Dennoch sind kranke Kälber häufig im Stall anzutreffen. In vielen Fällen sind der Kälberdurchfall und die Rindergrippe dafür verantwortlich.

Kälberdurchfall

Besonders Kälber in den ersten Lebenstagen erkranken an Durchfall. Er wird von Viren, Bakterien oder Parasiten ausgelöst, die besonders gefährlich sind, wenn das Kalb über die Biestmilch (Kolostrum) nicht mit genügend Abwehrstoffen (Antikörpern) versorgt wurde. 

Die Symptome von Kälberdurchfall sind einfach zu erkennen. Der Kot wird flüssig, wodurch das Kalb viel Wasser und Mineralstoffe mit dem Kot verliert. Die Tiere werden apathisch und trinken nicht mehr gut, wodurch sich die Symptome weiter verschlimmern. 

Bei leichteren Fällen hilft es, die Kälber zusätzlich zur Milchtränke, die unbedingt weiter angeboten werden muss, mit Elektrolyttränken zu versorgen. Nehmen die Tiere keine Flüssigkeit mehr auf, muss die notwendige Flüssigkeit durch den Tierarzt über Dauertropfinfusionen verabreicht werden. Zu beachten ist, dass die Kälber, auch wenn sie sich erholt haben, ein deutlich höheres Risiko haben, an Rindergrippe und anderen Infektionen zu erkranken und sich schlechter entwickeln.

Rindergrippe

Die Rindergrippe tritt häufig bei etwas älteren Kälbern auf. Sie ist eine Faktorenkrankheit und die Folge von hohem Keimdruck, schlechter Luftqualität und schwachen Abwehrkräften. Sie äußert sich vor allem durch Fieber, Husten, Abgeschlagenheit und schlechte Fresslust. Während Durchfall meist vollständig geheilt wird, kann es bei Rindergrippe zu schweren Schäden der Lunge und chronischen Verläufen kommen, die sich langfristig auf die Entwicklung der Tiere auswirken. 

Mit ein paar wichtigen, vorbeugenden Maßnahmen kann die Gesundheit der Kälber von Geburt an gestärkt werden. 

Muttertiere versorgen

Die Maßnahmen zur Vorbeuge beginnen schon mit der Mineralstoffversorgung der Muttertiere. Besonders die zusätzliche Gabe von Selen sollte mit der Tierärztin abgesprochen werden. Es ist auch möglich, die Kühe schon vor der Geburt mit Muttertierimpfungen zu behandeln. Dies führt zur Ausbildung von spezifischen Antikörpern gegen Durchfall und Rindergrippe in der Biestmilch, die das Kalb schützen können. 

Ausreichend Biestmilch 

Da die Erreger für Durchfall und Rindergrippe auf jedem Betrieb nachweisbar sind und die Kälber völlig ungeschützt auf die Welt kommen, ist es nötig, den Infektionsdruck so gering wie möglich zu halten und auf Sauberkeit und Hygiene zu achten. Erst mit der Biestmilch erhalten die Kälber die schützenden Antikörper. Daher muss jedes Kalb möglichst bald nach der Geburt, spätestens aber innerhalb der ersten drei Lebensstunden, mindestens drei Liter Erstgemelk aufnehmen. Kälber, die unbeaufsichtigt bei Muttertieren bleiben, nehmen oft zu wenig Biestmilch auf, weshalb das Erstgemelk immer abgemolken und kontrolliert mit der Nuckelflasche verabreicht werden sollte. Die Qualität der Biestmilch sollte überprüft werden. Dazu stehen verschiedene Methoden wie die Messung der spezifischen Dichte mit der Spindel, die Bestimmung des Brechungsindexes mit dem Brixrefraktometer oder die Durchlaufgeschwindigkeit durch einen Kolostrumtrichter zur Verfügung (siehe Hinweis zum Biestmilch-Poster).

Fütterung nach Bedarf

Gute Zunahmen in den ersten Lebenswochen sind Voraussetzung für eine gute Konstitution, ein niedriges Erstkalbealter und eine gute Milch- und Mastleistung. Um dies zu erreichen, wird empfohlen, Kälber in den ersten Lebenswochen nicht mehr restriktiv, sondern ad libitum mit Milch zu versorgen. Die Kälber können in den ersten drei Wochen frei entscheiden, wann und wieviel Milch sie trinken wollen und nehmen so circa zehn Liter Milch pro Tag auf. Danach wird die Milchmenge reduziert. Eine hohe Futterintensität in den ersten Lebenswochen führt zu guter Konstitution, reduziertem Besaugen, wirkt sich positiv auf die Organentwicklung aus und hat positiven Einfluss auf die spätere Milchleistung und Kraftfutteraufnahme. Die Energie wird aber nicht nur für den Erhaltungsbedarf und das Wachstum benötigt, sondern im Bedarfsfall auch für das Immunsystem. 

Manche Kälber weisen einen Eisenmangel auf. Ein Eisenmangel wirkt sich negativ auf die Entwicklung und das Wachstum der Kälber aus, beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit des Immunsystems und sollte daher vermieden werden.

Umsichtige Maßnahmen

Kälber sollten einem möglichst geringen Keimdruck ausgesetzt werden. Wünschenswert ist ein vom Kuhstall abgetrennter Bereich mit ausreichend Platz, viel Lichteinfall, ausreichendem Luftraum, geringem Schadgasgehalt, geeigneter Temperatur und Luftfeuchtigkeit ohne Zugluft.

Notwendige Managementmaßnahmen wie Impfungen, Enthornung und Umstallungen sollten in einer durchdachten Reihenfolge durchgeführt werden. Jedem Landwirt muss bewusst sein, dass jeder Eingriff und jede Umstallung für die Tiere Stress bedeuten und zu einem erhöhten Krankheitsrisiko führen. Kälber in den ersten Lebenswochen sollten daher so wenigen Veränderungen wie möglich ausgesetzt werden.

Bestandsprobleme durch Kälberdurchfall und Rindergrippe müssen nicht sein. Sie sind Ausdruck von systematischen Fehlern bei Fütterung und Haltung und lassen sich durch die angeführten Maßnahmen verhindern. 

Um eine gute Entwicklung der Nachzucht sicherzustellen, ist es entscheidend, täglich Zeit in die Beobachtung und Versorgung der Kälber zu investieren. 

Autorin: Dr. Simone Steiner, Tierärztin, Rinderzucht Austria

Tipps

Biestmilch: Informationen zum Thema „Biestmilch“ sind auf einem Poster zusammengefasst:

www.bio-austria.at/d/bauern/biestmilch/

BIO AUSTRIA Mitglieder erhalten das BIO AUSTRIA Info für Rinder, eine Informationsbroschüre mit aktuellen Themen, unter anderem auch zur Tiergesundheit per E-Mail. Sollten Sie dieses nicht erhalten, melden Sie sich bitte unter: Tel. 0732/65 48 84,