Krankheiten: Von Viren und Bakterien
Der Klimawandel bringt neue Krankheiten im Ackerbau mit sich, beziehungsweise treten diese häufiger auf. Nachfolgend eine Übersicht.
Die Erkrankung einer Pflanze und die Ausprägung der Krankheit werden durch das Zusammenwirken einer anfälligen Pflanze, einem Krankheitserreger und dessen möglichen Überträger (Vektor) und den Umweltbedingungen beeinflusst. Ändert sich das Klima, also die Umweltbedingungen, ändert sich auch das Auftreten und die Ausprägung von Krankheiten. Klimaveränderungen verändern die Wirtspflanzen- und die Vektorpopulationen und können somit die Ausbreitung von Krankheiten verändern.
Neben ganz neu entstehenden Krankheiten werden unter sogenannten „emerging diseases“, also unter neu auftauchenden Erkrankungen, Krankheitserreger verstanden, die ihren Wirtspflanzenkreis, ihre geographische Verbreitung oder ihre Krankheitsentstehung verändert haben. Laut Jones und Barbetti (2012) machen Viren einen größeren Teil an „emerging diseases“ aus als Pilze, Bakterien und Nematoden zusammen.
Nanoviren
Bis 2009 kannte man Nanoviren nur aus wärmeren Gebieten wie Afrika, dem Nahen Osten, Asien und Australien, wo sie in Leguminosen zum Teil große Ertragsverluste verursachen. Das Pea necrotic yellow dwarf virus (PNYDV) gehört zu den Nanoviren und wurde 2009 erstmals in Deutschland nachgewiesen. In Österreich wurde das Virus 2010 zum ersten Mal an Erbsen bestätigt. Die Unterschiede in der Erbinformation (Nanoviren sind DNA-Viren) zwischen bekannten Nanovirenarten und dem PNYDV sind so groß, dass das PNYDV eine neue Nanovirenart darstellt.
Übertragen wird das PNYDV durch Blattläuse und hier hauptsächlich von der Grünen Erbsenblattlaus und der Schwarzen Bohnenlaus. Man kann davon ausgehen, dass sie nicht über Saatgut oder mechanisch übertragen werden können.
Ein typisches und namengebendes Symptom von Nanoviren ist die Verzwergung ihrer Wirtspflanzen. Ein weiteres Symptom ist die Gelbfärbung der Pflanzen. Findet die Infektion früh in der Pflanzenentwicklung statt, können die Ertragsausfälle beträchtlich sein. Ertragsausfälle bis zu Totalausfällen in Erbsen und Ackerbohnen mussten 2016, aber auch 2018 beobachtet werden.
Leguminosen als Wirtspflanzen In Österreich konnten von der AGES bis 2018 folgende Leguminosenarten als natürliche Wirtspflanzen für das PNYDV bestätigt werden: Erbse, Ackerbohne, Linse, Kichererbse, Platterbse, Sommerwicke, Pannonische Wicke und Rauhaarige Wicke.
Eine direkte Bekämpfung der Nanoviren ist nicht möglich. Nanoviren werden durch Blattläuse übertragen, daher gehören ein früher Aussaattermin und die Blattlausbekämpfung zu den möglichen Maßnahmen, um Infektionen einzuschränken. In Gründüngungen und Zwischenfrüchten sollte darauf geachtet werden, Leguminosenarten einzusetzen, die bisher nicht als Wirtspflanzen für PNYDV gelten, um die Infektionskette zu unterbrechen.
Autorin: DI Dr. Sabine Grausgruber-Gröger, Institut für Nachhaltige Pflanzenproduktion, AGES
Bakterien
Durch Bakterien verursachte Pflanzenkrankheiten waren schon immer ein negativer Begleiter der intensiven Landwirtschaft. Meistens konnte die Züchtung durch neue tolerante Pflanzensorten das Problem ganz gut in Schach halten. Doch schnelle Klimaveränderungen führen nun allerdings dazu, dass bei zum Beispiel längeren Trocken- und Hitzeperioden während der Vegetationszeit „neue“ Bakterienarten die gestressten Pflanzen befallen und somit deutlich sichtbare Schäden auch in Feldkulturen verursachen.
Gemüsekulturen Ein Beispiel könnte das verstärkte Auftreten von „Candidatus Liberibacter solanacearum“ im Inntal an Karotten, Sellerie und weiteren Pflanzen derselben Familie sein. Dieses nicht kultivierbare Bakterium wird nur durch Blattflöhe übertragen und ausgebreitet. Die Blattflöhe überwintern auf an den Feldern angrenzenden Nadelgehölzen und wandern im Frühjahr in die jungen Kulturen ein, infizieren diese und vermehren sich unter unseren Bedingungen bis circa in den Juli hinein. Je früher wetterbedingt die Blattflöhe von ihrem Winterwirt auf die jungen Kulturen zurückwandern, desto mehr Zeit haben die übertragenen Bakterien sich zu vermehren und desto stärker sind die Ertragsausfälle, die durch Symptome wie Stauchung, Verfärbung der Blätter, verstärkter Haarwurzelwuchs und Verkrümmung der Rüben hervorgerufen werden.
Leguminosen Ein weiteres Beispiel von einer durch das Klima beeinflussten Bakterienerkrankung an Leguminosen, die heuer in Österreich verstärkt bei der Saatgutvermehrung von Mungbohnen im Bio-Landbau Welkeschäden verursacht hat, ist „Curtobacterium flaccumfaciens pv. flaccumfaciens (Cff)“. Dieses samenbürtige Bakterium führt bei Trockenstress der Pflanzen zusätzlich sehr schnell zur Welke und teilweise bis zu einem 100 Prozent-Ausfall. Bei optimaler Wasserversorgung scheint das Bakterium an den Pflanzen kaum Schäden zu machen, wird aber trotzdem im Samen eingelagert und so weiterverbreitet. Bei einer weiterführenden Untersuchung der AGES an Mungbohnensaatgut waren 30 Prozent der Proben mit Cff infiziert. Mit Cff infiziertes Saatgut kann nur durch eine mikrobiologische Laboruntersuchung identifiziert werden. Gegen diese Bakterienerkrankung gibt es keine Behandlungsmöglichkeit.
Autor: Dr. Richard Gottsberger, AGES, Abteilung für Molekularbiologische Diagnose von Pflanzenkrankheiten
Krankheiten im Kartoffelbau
Stolbur Bei der Stolbur-Welkekrankheit handelt es sich um eine Kartoffelkrankheit, welche aktuell vor allem in den warmen Anbaugebieten im Osten Österreichs massive Probleme verursacht. Neben Ertragseinbußen sind auch deutliche qualitative Einbußen die Folge. Dazu zählen Gummiknollen, Beeinträchtigung von Speise- und Verarbeitungseignung, Fadenkeimigkeit und Triebkraftverlust.
Der Erreger zählt zu den Phytoplasmosen und wird hauptsächlich durch die Windenglasflügelzikade von der mehrjährigen Ackerwinde in die Kartoffelbestände getragen. Erste Symptome sind ab cirka Juli sichtbar (chlorotische, später rötlich-violette Verfärbungen und löffelähnliche Verformungen der Blätter, Ausbildung von Achseltrieben und Luftknollen, Absterben der Wurzeln, Wasserentzug aus den Knollen, Welken und Absterben der Pflanzen).
Es gibt aktuell keine direkten Bekämpfungsmöglichkeiten. Zu den vorbeugenden Maßnahmen zählen Sortenwahl, Feldauswahl, Windenbekämpfung und Stressvermeidung beispielsweise durch Bewässerung.
Rhizoctonia Kein neues, aber ein nach wie vor brennendes Problem stellt die Rhizoctonia-Wurzeltöterkrankheit dar, insbesondere im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Knollenqualität. Rhizoctonia solani, der Erreger der Wurzeltöterkrankheit führt am Feld zu Ausfällen und Auflaufverzögerungen. Besonders unangenehm sind Beeinträchtigungen der geernteten Knollen durch Deformationen, schwarze Pocken (Sklerotien) sowie in Form von „dry-core“ Symptomen (abgestorbenes Knollengewebe im Durchmesser von etwa 1 bis 4 mm, welches von der Oberfläche bis zu 1 cm ins Knolleninnere reichen kann). Letztere treten häufig in Verbindung mit Drahtwurmfraß auf. Bei sehr feuchten Bodenbedingungen ist auch eine Infektion über die Lentizellen möglich.
Direkte Maßnahmen mit ausreichender Unterdrückung stehen kaum zur Verfügung, die Pflanzgutbehandlung mit Mikroorganismen als Gegenspieler weist eine eingeschränkte Wirkung auf. Vorbeugende Maßnahmen sind die Vermeidung von Kleegras als unmittelbare Vorfrucht, gute Strohrotte bei Getreidevorfrucht, kein Mist unmittelbar vor dem Anbau, Verwendung von befallsfreiem Pflanzgut, Beschleunigung des Auflaufens (Vorkeimung, Legen in bereits aufgewärmten Boden), eine weite Fruchtfolge und die Ernte unmittelbar nach Erreichen der Schalenfestigkeit.
Autor: DI Josef Söllinger, AGES, Institut für Saat- und Pflanzgut, Pflanzenschutzdienst und Bienen