Mit der Kraft der Waldviertler Pflanzen
Auf ihrem Biohof im Waldviertel haben sich Christa und Rupert Haselberger neben der Milchviehhaltung ein innovatives zweites Standbein aufgebaut. Mit Bio-Pflanzenhydrolaten begeistern sie gesundheitsbewusste Konsumenten genauso wie raffinierte Köche.
In Nöchling im niederösterreichischen Waldviertel bewirtschaften Christa und Rupert Haselberger seit über zwei Jahrzehnten einen Bio-Milchviehbetrieb mit 27 Milchkühen im Vollerwerb. Beide hegen eine große Begeisterung für die Natur und interessieren sich für die Wirkung unterschiedlicher Pflanzen und Kräuter auf die Gesundheit. Christa Haselberger, gelernte Floristin und diplomierte Aromapraktikerin, entdeckte ihre Vorliebe für Hydrolate während eines Kräuterkurses. Diese führte zu einem Destillierkurs und zahlreichen Weiterbildungen.
Risiko überschaubar
Gemeinsam mit ihrem Mann Rupert wagte sie den Schritt, Hydrolate auf dem Biohof zu produzieren: „Das Risiko für uns war begrenzt. Mit der Milchwirtschaft als Haupteinkommen konnten wir den Versuch wagen, uns ein zweites Standbein zu schaffen. Die Investitionen für Destille sowie Abfüll- und Etikettiermaschine waren überschaubar. Am schwierigsten war es, die Räumlichkeiten für die Verarbeitung von Lebensmitteln zertifizieren zu lassen.“ Über den wirtschaftlichen Aspekt ihrer Innovation sagt Rupert Haselberger: „Für uns war es immer das Ziel, mit den Pflanzenhydrolaten den gleichen Stundenlohn zu erzielen wie in der Landwirtschaft. Das ist uns gelungen.“
Vielseitige Anwendung
Im großzügigen Kräutergarten und im Gewächshaus des Hofes wachsen zahlreiche Pflanzen, die die Grundlage für die Hydrolate bilden. Rosen, Rosmarin, Zitronenmelisse und viele andere Kräuter werden dort sorgfältig kultiviert. Auch Tannen, Fichten und Birken aus dem eigenen Wald finden Verwendung.
Die Bio-Hydrolate sind als Lebensmittel zertifiziert, können also auch perfekt zur Zubereitung interessanter und exotischer Speisen verwendet werden, wie zum Beispiel einer Lavendel-Panacotta. Ihre Hauptanwendung finden sie aber in der Naturheilkunde und der Naturkosmetik. „Unser Rosenhydrolat dient als Gesichtswasser und wird auch bei allergischem Juckreiz sowie trockenen Augen verwendet, Schafgarbenhydrolat wird zur Blutstillung zum Beispiel bei Nasenbluten eingesetzt“, erklärt Christa Haselberger. Auch wenn es sich nicht um Medizinprodukte handelt, können Bio-Hydrolate als Hausmittel angewandt werden. Die positiven Rückmeldungen der Kunden sprechen für sich.
Von anderen abheben
Entscheidend für Christa und Rupert Haselberger war von Anfang an, dass sich ihre Hydrolate von anderen abheben. Das gelingt ihnen von der Ernte über die Verarbeitung bis zur Vermarktung in vielen unterschiedlichen Punkten.
Um ein Maximum an Inhaltsstoffen zu erhalten, legen sie bei der Ernte der Kräuter auf den richtigen Zeitpunkt beziehungsweise die richtigen Bedingungen großen Wert. Die sind für jede Pflanze anders. Während Lavendel zum Beispiel nur in voller Sonne geerntet werden soll, ist bei Zitronenmelisse der ideale Zeitpunkt an einem trüben Tag, aber keinesfalls bei Regen. Sofort nach der Ernte werden die Kräuter frisch destilliert und nicht zwischengelagert.
Für ein Liter Hydrolat braucht man ein Kilogramm Pflanzenmaterial, was gerade bei Rosenblüten einen großen Zeitaufwand bei der Ernte bedeutet. Durch die strenge Auswahl des Pflanzenmaterials und den Verzicht auf Konservierungsmittel entstehen hochwertige Produkte, die auch nach zwei Jahren noch weit unter der erlaubten Keimbelastung liegen.
Und noch eine Besonderheit beschreibt Rupert Haselberger: „Bei anderen Hydrolaten werden die ätherischen Öle oft abgezogen und die Hydrolate sind sozusagen der Rest. Das ist bei uns nicht so. Unsere Hydrolate enthalten noch alle Inhaltsstoffe.“
Den Arbeitszeitbedarf schätzen Rupert und Christa Haselberger auf rund einen Tag in der Woche. Während im Sommer viel Arbeit im Kräutergarten, bei der Ernte und beim Destillieren anfällt, geht es im Winter hauptsächlich um das Abfüllen, Etikettieren und Ausliefern. In der kalten Jahreszeit bleibt auch Zeit, Pläne für die Zukunft zu schmieden.
In der Umsetzung ihrer hohen Qualitätsstandards und bei der Einhaltung aller rechtlichen Vorgaben werden die Haselbergers von einer Agentur unterstützt. Das Beratungsunternehmen hilft nicht nur bei der korrekten Etikettierung der Produkte, sondern stellt auch sicher, dass alle rechtlichen Aspekte eingehalten werden. „Die Expertise der Agentur war für uns unverzichtbar“, erklärt Rupert Haselberger.
Eigene Marke
Den gesamten Auftritt und die Bewerbung ihrer Produkte haben die Haselbergers selbst in die Hand genommen, mit der Unterstützung verschiedener Familienmitglieder. Eine Website wurde gestaltet und auch im Bereich Social Media ist man aktiv. Die Marke „Waldviertler Pflanzenkraft“ hat sich Familie Haselberger sogar patentieren lassen, denn für die Zukunft sollen unter dem Namen noch andere Naturprodukte auf den Markt kommen.
Der Verkauf erfolgt primär über vier nahegelegene Apotheken, über die Website und den lokalen Lebensmittelhändler. Heuer sind die Haselbergers im dritten Verkaufsjahr und der Absatz läuft ausgezeichnet. Zudem besuchen sie regelmäßig Märkte, um ihre Produkte vorzustellen und potenziellen Kunden die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten zu erklären. Denn Aufklärungsarbeit ist entscheidend für den Erfolg. Daher hält Christa Haselberger auch regelmäßig Vorträge und Seminare zum Thema Hydrolate und deren Anwendungsgebiete.
Auszeichnungen
Mit ihren Hydrolaten konnten Christa und Rupert Haselberger auch schon offizielle Erfolge einfahren: Das „Bio-Hydrolat Rosenwasser“ wurde als „Bio-Produkt des Jahres 2024“ ausgezeichnet. Und beim Vifzack 2024, dem Innovationspreis der niederösterreichischen Landwirtschaftskammer, erreichten sie das Finale. „Wir haben einfach eine große Freude an unseren Bio-Hydrolaten“, betont Christa Haselberger.
Autorin: Elisabeth Pöckl, BIO AUSTRIA Bundesverband
Der Artikel erschien in der BIO AUSTRIA Fachzeitung, August 2024, zum Thema „Innovativer Bio-Landbau“.
www.waldviertlerpflanzenkraft.at
Instagram: waldviertlerpflanzenkraft