Mut für Innovationen

© Aigner-Filz

Am Bio-Hof zum Grünen Baum in Porrau im Bezirk Hollabrunn werden über die Landwirtschaft hinaus Kreisläufe geschlossen. Über eine durch crowd-fundig finanzierte Photovoltaikanlage stellt Marion Aigner-Filz ihren Kunden auch Strom zur Verfügung.

„Kreisläufe schließen“ ist auf deinem Betrieb fast drei Jahrzehnte Programm, was verstehst du darunter, wie setzt du das um?

Das Denken in Kreisläufen habe ich als Biobäuerin sowieso verinnerlicht, auch privat. Meine Kinder bekommen das von klein auf vermittelt. Wir bemühen uns, den Tagesablauf am Hof so weit wie möglich nachhaltig zu gestalten.
Auf meinem Betrieb wird natürlich kompostiert. Ich verwende kein Hybrid-Saatgut und versuche, das benötigte Saatgut selbst zu vermehren, wozu ich auch meine Kundinnen und Kunden animiere. Meine Tiere bekommen Futter vorwiegend vom eigenen Betrieb oder vom biologisch wirtschaftenden Nachbarn. Außerdem versuche ich möglichst viel Regenwasser aufzufangen und für die Bewässerung zu verwenden.
Im Hofladen wird weitgehend Verpackung vermieden und auf Plastik verzichtet. Durch die Photovoltaikanlage kommt der Strom aus erneuerbaren Quellen. Für die Zukunft überlege ich mir, ein Elektroauto anzuschaffen.

Mit meiner Photovoltaik-Anlage, die ich über crowd-funding finanziert habe, produziere ich elektrischen Strom für meinen Betrieb. Den Überschuss stelle ich meinen „e-friends“, das sind Konsumenten meines Bio-Gemüses oder solche, die dadurch welche wurden, zur Verfügung. Diese bekommen als Gegenleistung für die Investition Einkaufsgutscheine für Bio-Gemüse und statt Zinsen Ökostrom. Beides kommt von meinem Bio-Betrieb – ein nachhaltiges Gesamtpaket im Sinne von geschlossenen Kreisläufen und zum Wohle des Klimas.

Ja, das kann man wohl sagen, ein perfektes Gesamtpaket, wie ist es dir gelungen, den Betrieb in diese Richtung zu entwickeln?
Meine Eltern hatten einen konventionellen landwirtschaftlichen Betrieb und praktizierten bereits Direktvermarktung in Wien. Damit kam ich schon in jungen Jahren mit dem Geschehen auf Märkten in Berührung. Außerdem haben sie mir mitgegeben, wie wichtig es ist, auf dem Markt „voraus zu sein“, also ständig auf Innovationen zu achten. Mir war eine gesunde Ernährung schon als junges Mädchen wichtig.
Vor 27 Jahren, noch nicht einmal volljährig, habe ich auf einer Teilfläche des elterlichen Betriebes begonnen, Bio-Gemüse anzubauen. Es war anfangs alles andere als einfach, mein Umfeld für die Idee zu überzeugen. Aber man muss den Mut haben, an Grenzen zu gehen. Ich habe die ersten zehn Jahre hart gekämpft, die letzten sieben Jahre läuft es rund. BIO AUSTRIA hat mich unterstützt, das Wissen für die Bio-Produktion zu bekommen. Es war nicht leicht, das Bio-Saatgut zu finden. Mit den Jahren kamen immer mehr Gemüsearten dazu, die Palette reicht heute von vielfältigen Paradeisersorten über Süßkartoffeln bis zu Artischocken.

Der Bio-Hof zum Grünen Baum ist im Vergleich mit anderen Betrieben relativ klein. Wie schaffst du es, trotzdem davon leben zu können?
Mein Betrieb ist rund 3,5 Hektar groß. Ich erzeuge darauf vor allem Gemüse, aber auch Dinkel, Roggen, Hafer und Erdäpfel. Außerdem habe ich noch 50 Legehennen. Die Produkte verkaufe ich jeden Freitag in meinem Hofladen und jeden Samstagvormittag am Kutschkermarkt in Wien. Ich kann damit nicht nur mein Einkommen bestreiten, sondern auch noch Helferinnen und Angestellte im Ausmaß von 20 Wochenstunden zu fairen Arbeitsbedingungen beschäftigen und bezahlen.

Du wurdest beim BIO AUSTRIAFuchs 2019 mit dem 3. Platz für besonders klimafitte Betriebe ausgezeichnet. Was hat sich für dich dadurch verändert?
Ich habe mich sehr gefreut, dass ich in die Endausscheidung gekommen bin. Ich sehe aber meinen Erfolg vor allem als Ansporn für andere Betriebe, auch mehr für den Klimaschutz zu tun. Das Interesse an meinem Betrieb und für das Thema ist seither gestiegen. Viele Kundinnen und Kunden in meinem Hofladen, aber auch Biobäuerinnen und Biobauern, haben mich in den Wochen und Monaten danach darauf angesprochen.

Das Interview mit Marion Aigner-Filz führte Dr. Robert Schneider, BIO AUSTRIA Niederösterreich und Wien.

TIPP!
Der BIO AUSTRIAFuchs ist ein Innovationspreis für hervorragende Projekte und Ideen in der Bio-Landwirtschaft.
Heuer lautet das Motto „Biodiversität“. Einreichen und gewinnen können Bio-Betriebe, die auf ihrer landwirtschaftlichen Nutzfläche und rund um ihren Hof Lebensräume für Insekten, Vögel und andere Tiere geschaffen haben.
Kontakt: Veronika Edler, Tel. 0732/654 884 254