ÖPUL neu: Bio-Pläne ungenügend – Nachbesserungen notwendig
Nach der Einigung auf den europäischen Rechtsrahmen sind nun die Mitgliedstaaten am Zug, die Gemeinsame Agrarpolitik umzusetzen. Geht es nach den aktuellen Plänen des Landwirtschaftsministeriums, ist die Bio-Maßnahme in Österreich damit Geschichte.
Im neuen Programm soll es nur mehr einen Bio-Zuschlag im Rahmen der UBB geben. Ein ÖPUL ohne adäquate Berücksichtigung der Interessen eines Viertels der landwirtschaftlichen Betriebe sei für sie unvorstellbar, betont BIO AUSTRIA Obfrau Grabmann. Der Verband werde sich mit allen Mitteln gegen Benachteiligungen zur Wehr setzen.
Europäische Einigung auf GAP
Nach drei Jahren intensiver Verhandlungen wurde im Juni ein Kompromiss für die neue Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) zwischen Europäischer Kommission, Agrarministerrat und Europäischem Parlament gefunden. Die Einigung wurde beim darauffolgenden Agrarministerrat in Luxemburg bestätigt. Im Herbst muss noch ein Beschluss im Europaparlament erfolgen. Nachdem man sich bereits im Vorjahr auf ein Budget geeinigt hatte, steht damit der europäische Rechtsrahmen für die neue GAP. Auf diesem Grundstein können nun Mitgliedstaaten ihre nationalen GAP-Strategiepläne aufbauen, die ab 2023 gelten werden. Die Jahre 2021 und 2022 werden als Übergangsjahre nach dem Prinzip „Altes Programm – Neues Geld“ geführt.
Eckpfeiler der Einigung auf die neue GAP:
- 25 % der Finanzmittel der ersten Säule (Direktzahlungen) müssen für das Ökoschema verwendet werden, eine Gegenrechnung mit Mitteln aus der zweiten Säule (Ländliche Entwicklung) ist teilweise möglich.
- Verpflichtende Umverteilung von 10 % der Direktzahlungen zu Klein- und Mittelbetrieben
- Möglichkeit, aber keine Verpflichtung für Degression und Kappung (Deckelung) der Direktzahlungen
- Schwerpunkte für Wertschöpfung und Jungbauern in der ersten Säule
- Verpflichtung zu 4 % Biodiversitätsflächen auf Acker im Rahmen der Konditionalität
- Zweckbindung von 35 % der Mittel aus der zweiten Säule für Umwelt- und Klimaschutz
GAP & Green Deal
Als die Europäische Kommission im Juni 2018 ihre Gesetzgebungsvorschläge zur neuen GAP vorlegte, war vom Green Deal noch keine Rede. Zu diesem Zeitpunkt war das gesellschaftliche Bewusstsein in Sachen Klimakrise noch nicht weit genug gediehen. Der Green Deal wurde erst nach einer Neuwahl des Europaparlaments von einer ebenfalls neu bestellten EU-Kommission im Dezember 2019 ausgerufen. Darin wird unter anderem als Ziel definiert, den Einsatz und das Risiko chemischer Pestizide um 50 Prozent zu reduzieren.
Die EU-Kommission hat sich in den GAP-Verhandlungen dafür eingesetzt, den Green Deal mit seinen Strategien „Vom Hof auf den Tisch“ und zur Biodiversität in einem eigenen Artikel der GAP verpflichtend zu verankern. Dies ist am großen Widerstand der EU-Mitgliedstaaten gescheitert. Als Kompromiss wurde der Green Deal letztlich in den sogenannten „Erwägungsgründen“ verankert.
Wie sich das in der Realität auswirken wird und welche Rolle der Green Deal im Genehmigungsverfahren der nationalen Umsetzungspläne durch die EU-Kommission spielen wird, bleibt abzuwarten. Die Europäische Kommission hat jedenfalls angekündigt zu evaluieren, ob die vorgelegten Strategiepläne konsistent mit den Zielen der genannten Strategien sind und einen entsprechenden Beitrag zur Erreichung der Green Deal-Ziele leisten.
Bio in der neuen GAP
Prinzipiell bietet die GAP eine Fülle von Möglichkeiten, die biologische Wirtschaftsweise zu unterstützen. Zwar sind auf EU-Ebene in der neuen GAP generell keine spezifischen Maßnahmen definiert. Doch es ist klar geregelt, dass die biologische Wirtschaftsweise sowohl im Rahmen der Öko-Schemen aus Mitteln der ersten Säule als auch in der Ländlichen Entwicklung unterstützt werden kann.
Außerdem ist es ein erklärtes Europäisches Ziel, dass die GAP bestmöglich zur Unterstützung der biologischen Landwirtschaft genutzt werden soll. Im Green Deal wird Bio als zentrales strategisches Element zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele verankert und als Ziel „25 Prozent Bio bis 2030“ definiert. Im druckfrischen Bio-Aktionsprogramm der EU werden eine Reihe von Maßnahme definiert, um Markt und Produktion gleichermaßen zu unterstützen. Und in der GAP wird Bio in den Erwägungsgründen eindeutig priorisiert.
GAP-Strategieplan
Die GAP-Strategiepläne (GSP) der Mitgliedsstaaten müssen nun auf Basis des neuen europäischen Rechtsrahmens erstellt und bei der Europäischen Kommission zur Genehmigung vorgelegt werden.
Das Landwirtschaftsministerium hat im Mai eine öffentliche Konsultation zu den Entwürfen für den nationalen GAP-Strategieplan durchgeführt (allerdings ohne Angaben zu Prämien oder Budgets). Sollte Bio darin eine wichtige Rolle spielen, so ist das bisher jedenfalls nicht erkennbar. Im Gegenteil: Die bisherige Bio-Maßnahme soll nicht fortgesetzt werden, sondern auf einen Bio-Zuschlag im Rahmen der Maßnahme „Umweltgerechte- und biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung“ (UBB) reduziert werden. Bio-Betriebe müssen sich ihre Prämie aus allgemeinen Maßnahmen zusammenbasteln. Bei den Projektmaßnahmen zeigt sich das gleiche Bild. So sucht man etwa den bisherigen Bio-Bonus bei der Investitionsförderung in den Entwürfen für das zukünftige Programm vergeblich. Lediglich bei den sektoralen Interventionen, etwa zur Imkerei oder Erzeugerorganisationen für Obst & Gemüse, lässt sich eine gewisse Priorität für Bio erkennen.
Was sich ändern muss
BIO AUSTRIA fordert substanzielle Änderungen am Programmentwurf. Die Leistungen der Bio-Bäuerinnen und Biobauern müssen in vollem Umfang anerkannt und abgegolten werden. Dies ist nur möglich, wenn eine Aufwertung des geplanten Bio-Zuschlags zu einer eigenen Bio-Basis erfolgt, die gleichwertig neben der UBB steht. Diese Bio-Basis muss mit Top-Up-Modulen und anderen Maßnahmen kombinierbar sein, um den spezifischen Bedürfnissen der biologischen Landwirtschaft gerecht zu werden.
Doch auch für andere Bereiche hat BIO AUSTRIA Verbesserungsvorschläge eingebracht. Beispielsweise braucht es bei den Investitionsförderungen eine Verankerung von Bio-Zuschlägen etwa für besonders Tierwohl-freundliche Bio-Ställe. Hier darf es zu keinem Rückschritt für Bio-Betriebe kommen. Bei der Maßnahme „Stallhaltung Rinder“ gilt es, die Kombination mit der Weide-Maßnahme zu optimieren. Die Unterstützung für Festmist und Kompost soll verbessert werden, um ein Ungleichgewicht zur bodennahen Gülleausbringung zu verhindern. Im Bereich der Direktzahlungen sieht BIO AUSTRIA eine stärkere Gewichtung der ersten Hektar als zielführende Option, um eine breitere und nachhaltige Einkommenssicherung zu erreichen.
„Die aktuellen Vorschläge für das neue ÖPUL würden einen Rückschritt bedeuten und Bio in Österreich schwächen“, stellt Gertraud Grabmann im Gespräch mit der BIO AUSTRIA Zeitung fest. „Es gibt beinahe 24.000 Bio-Betriebe in Österreich – ihre Interessen müssen sich selbstverständlich auch im zukünftigen ÖPUL ganz klar wiederfinden. Alles andere wäre inakzeptabel. Gegen eine solche Benachteiligung würden wir uns mit allen notwendigen Mitteln zur Wehr setzen. Ein Drüberfahren über ein Viertel der Bäuerinnen und Bauern ist für mich unvorstellbar“, stellt Grabmann klar.
Österreich will bis Ende des Jahres den GAP Strategieplan fertigstellen, um ihn möglichst bald bei der EU-Kommission einreichen zu können. Bis dahin muss sich noch einiges ändern. Die Zeichen weisen also auf einen heißen agrarpolitischen Herbst.
Im Green Deal heißt es zu Bio: „Der Markt für Bio-Lebensmittel soll weiter wachsen und der Bio-Landbau muss weiter gefördert werden. Er wirkt sich positiv auf die Biodiversität aus, schafft Arbeitsplätze und zieht Junglandwirte an. Verbraucher erkennen seinen Wert. Der Rechtsrahmen unterstützt die Umstellung auf diese Art der Landwirtschaft, aber es muss noch mehr getan werden (…).“
Im Europäischen Bio-Aktionsprogramm heißt es in Maßnahme 9: „Im Rahmen der neuen GAP und GFP wird die Kommission ab 2023 die besonderen Gegebenheiten und Erfordernisse der Mitgliedstaaten in Bezug auf das Wachstum des Bio-Sektors bewerten und sicherstellen, dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeiten der neuen GAP zur Unterstützung des nationalen ökologischen/biologischen Sektors bestmöglich nutzen.“
In der neuen GAP heißt es im Erwägungsgrund 38: Die Mitgliedstaaten sollten auf der Grundlage ihrer eingehenden Analyse des biologischen Sektors und unter Berücksichtigung der Ziele, die sie in Bezug auf die biologische Produktion zu erreichen beabsichtigen, den ökologischen Landbau für Bewirtschaftungsverpflichtungen in Übereinstimmung mit ihren spezifischen territorialen Bedürfnissen in Betracht ziehen, Unterstützung zur Erhöhung des Anteils der im Rahmen des ökologischen Landbaus bewirtschafteten landwirtschaftlichen Fläche bereitstellen und sicherstellen, dass die zugewiesenen Budgets dem erwarteten Wachstum der ökologischen Produktion entsprechen.