Perspektive Biolandbau 2030Gemeinschaftsverpflegung als Chance für die Bio-Landwirtschaft

© Flora Fellner

Österreichweit werden Schätzungen zufolge täglich 2,2 Mio. Mahlzeiten in der Außer-Haus-Verpflegung ausgegeben. Entsprechend groß ist das Potenzial für den Einsatz von Bio-Lebensmitteln. Der Aktionsplan für nachhaltige öffentliche Beschaffung sieht vor, dass ab 2025 30 Prozent der Lebensmittel für Einrichtungen des Bundes aus biologischer Produktion stammen müssen, 2030 sollten es 55 Prozent sein. Auch das Bundesland Oberösterreich hat sich dieser Zielvorgabe angeschlossen.

Konsument:innen wollen Bio am Teller

Der Einsatz von Bio-Produkten in der Gemeinschaftsverpflegung birgt ein großes Potential. Der Außer-Haus-Verzehr zieht nach dem Corona-bedingten Rückgang wieder merklich an. Konsument:innen wollen auch in der Kantine wissen woher die Lebensmittel stammen und wie diese produziert wurden. Bio-Lebensmittel entsprechen den Erwartungen von Konsument:innen in Bezug auf Qualität, Klima- und Umweltfreundlichkeit sowie Tierwohl. „Unsere BIO AUSTRIA Bäuerinnen und Bauern wirtschaften nach Richtlinien die in vielen Bereichen über die EU-Bio-Vorgaben hinaus gehen. Neben einer besonders artgerechten Tierhaltung mit viel Auslauf und Platz gelten auch für die Fütterung strenge Vorgaben. Das Futter stammt vorwiegend vom eigenen Hof oder von möglichst regionalen BIO AUSTRIA Betrieben“, berichtet Johannes Liebl, Obmann von BIO AUSTRIA Oberösterreich. „Gentechnisch veränderte Futtermittel wie Gen-Soja sind in der biologischen Tierhaltung ohnehin Tabu. Dies trägt auch wesentlich zum Klimaschutz bei, da für den Anbau von Futtermittel aus Übersee große Regenwaldflächen dauerhaft zerstört werden und so deren CO2-Speicherkapazität für uns alle verloren geht“, weist Liebl zudem auf den Beitrag der Bio-Landwirtschaft zum Klimaschutz hin. Mit höheren Bio-Anteilen in der Gemeinschaftsverpflegung wird somit auch ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz geleistet.

Förderkulisse für den Biolandbau muss attraktiver werden

Um der langfristig positiven Entwicklung im Biolandbau auch gerecht zu werden, braucht es eine Perspektive und ganz besonders Stabilität für die Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern. Die öffentlichen Gelder aus dem ÖPUL spielen hier eine wesentliche Rolle, um die Bio-Produktion langfristig abzusichern und Zukunftsperspektiven für bestehende und neue Bio-Betriebe zu geben.

Die derzeitige Prämienausgestaltung ist nach wie vor nicht zufriedenstellend, auch wenn eine Inflationsanpassung der Prämiensätze erfolgt ist. Die Situation verschärft sich, da auch die Rohstoffmärkte, insbesondere im Getreidebereich, keine zufriedenstellenden Ergebnisse liefern. Dies bestätigen auch die aktuellen Zahlen vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft zum Ausstieg von Bio-Betrieben.

Obmann Liebl macht deutlich: „Aktuelle Deckungsbeitragsauswertungen für Ackerkulturen zeigen, dass die ursprünglich getroffenen Annahmen zur Förderkalkulation nicht mehr zeitgemäß sind. Eine Anpassung der Fördersätze für die Bio-Betriebe ist daher unbedingt notwendig, um die Weiterentwicklung des Biolandbaues gewährleisten zu können.“

Mehr Bio in der Gemeinschaftsverpflegung als Chance für regionale Bio-Landwirtschaft

Viele Bio-Betriebe setzen bereits auf den Absatz ihrer Produkte in der Gemeinschaftsverpflegung. Österreich hat mit 27 Prozent den höchsten Bio-Anteil an landwirtschaftlichen Flächen in der EU, 23 Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe in Österreich wirtschaften biologisch. Mit Blick auf den Aktionsplan für nachhaltige öffentliche Beschaffung haben sich zahlreiche oberösterreichischen Bio-Betriebe auf die Versorgung von Gemeinschaftsverpflegern ausgerichtet oder beliefern diese bereits mit hochwertigen Bio-Produkten. Für BIO AUSTRIA Bauern wie Leonhard Zauner, Bio-Milchvieh-Betrieb aus dem Mühlviertel ist die teilweise Ausrichtung der Produktion für Gemeinschaftsverpflegungseinrichtungen eine wichtige betriebliche Entwicklungsperspektive. „Bei den getätigten Investitionen auf meinem Betrieb habe ich bereits auf die Belieferung von Gemeinschaftsverpflegern gesetzt. Leider haben sich die Erwartungen in diesem Bereich bisher noch nicht erfüllt. Dafür sind weitere politische Weichenstellungen notwendig“, schildert Leonhard Zauner seine derzeitige Situation.

Mehr Bio in der Großküche ist machbar

Einige Großküchen setzen bereits auf den höchsten, einheitlich geregelten Qualitätsstandard im Lebensmittelbereich – den Bio-Standard. Ein Pionier unter den Gemeinschaftsverpflegern mit hohem Bio-Anteil ist das Bezirksalten- und Pflegeheim Gaspoltshofen mit mindestens 40 Prozent Bio-Wareneinsatz. Zugpferd vor Ort ist Küchenleiter Manfred Ecker, der bereits seit dem Jahr 2000 auf die Qualität von Bio-Lebensmittel setzt. „Wir hatten damals große Probleme mit der Qualität der Kartoffeln. Ein Bekannter gab mir den Tipp, Bio-Kartoffeln zu testen. Gesagt, getan. Die Bio-Kartoffeln waren ein Traum, wie man Kartoffeln eben von früher kannte. Kurz darauf habe ich auch Milch und Butter auf Bio-Qualität umgestellt“, zeigt sich Manfred Ecker von der Qualität von Bio-Produkten überzeugt.

Auch das Argument, dass Bio-Qualität in der Gemeinschaftsverpflegung nicht leistbar sei, lässt Ecker nicht gelten und setzt stattdessen auf einen zeitgemäßen, fleischreduzierten Speiseplan mit regionalen Produkten. „Die Kosten, die wir jetzt beim Fleisch einsparen, investiere ich in Bio-Produkte. Weiters verwenden wir keine teuren Convenience-Produkte und der Einkauf direkt beim regionalen Biobauern ist manchmal sogar kostengünstiger.“

BIO AUSTRIA setzt 2024 Schwerpunkt auf Gemeinschaftsverpflegung

Auch der Verband BIO AUSTRIA legt 2024 mit einem eigenen Projekt einen Fokus auf Bio in der Gemeinschaftsverpflegung. Ziel ist es, mehr Bio-Anteile in die Gemeinschaftsverpflegung zu bringen und so für Bio-Betriebe neue Absatzwege zu erschließen. Um Gemeinschaftsverpflegungseinrichtungen mit potentiellen Bio-Lieferant:innen zusammen zu bringen, bietet der Verband unter anderem Vernetzungsaktivitäten wie das „Küche der Zukunft – das Symposium“ am 25. April 2024 in der Landwirtschaftskammer OÖ an. Die hochkarätig besetzte Veranstaltung bietet Fachwissen und Know-How zum Einsatz von Bio-Produkten in der Großküche. Ergänzend dazu wird der Großküchenkatalog aktualisiert. Das kompakte Sammelwerk bietet Gemeinschaftsverpflegern Kontakte zu Bio-Lieferant:innen in Oberösterreich und bemüht sich um eine stetige Weiterentwicklung eines großküchentauglichen Sortiments.

Darüber hinaus bietet BIO AUSTRIA ein individuelles Beratungsangebot mit konkreten Leistungen für Großküchen an. Birgit Waldenberger steht als direkte Ansprechpartnerin für Oberösterreich zur Verfügung und unterstützt mit Beratungen vor Ort. „Damit Bio in der Großküche gelingen kann, ist es Voraussetzung, dass das gesamte Personal – nicht nur das Küchenpersonal – sondern auch die Entscheidungsträger von Bio überzeugt sind. Genau an dieser Schnittstelle können wir mit Fachinformationen und Know-How unterstützen“ berichtet Birgit Waldenberger.

Mit der „Küche der Zukunft Challenge“ zur Schulküche von morgen werden

Zudem spricht BIO AUSTRIA auch gezielt neue Zielgruppen an. 2024 wird gemeinsam mit dem Kooperationspartner „Verein Zukunft Essen“ die große „Küche der Zukunft Challenge“ ausgerufen. Dabei haben Schulen und Kindergärten die Chance 2024/25 ihre Küche bio-fit zu machen und werden mit einem umfangreichen Leistungspaket unterstützt. Das erklärte Ziel ist es die Bio-Zertifizierung in der Schulküche umzusetzen und so den Kindern eine hochwertige Bio-Verpflegung zu bieten.

BIO AUSTRIA fordert Transparenz und Kontrolle für Bio in der Gemeinschaftsverpflegung

Die Bio-Anteile in der Gemeinschaftsverpflegung zu erhöhen und stärker zu verankern bietet die Chance, die Bedürfnisse der Konsument:innen nach dringend notwendigen Leistungen in den Bereichen Umwelt, Klima und Tierwohl mit Absatzperspektiven für die regionale Bio-Landwirtschaft zu vereinen.

Praxisbeispiele wie das Bezirksalten- und Pflegeheim Gaspoltshofen unter der Küchenleitung von Manfred Ecker zeigen, dass hohe Bio-Anteile auch in der Gemeinschaftsverpflegung machbar sind. „Wenn Kantinen in Bundes- und Landeszuständigkeit die bio-regionale Küche vorleben und es auch entsprechend kommunizieren, hat das einen starken Multiplikatoreneffekt“, so Liebl.

Derzeit sind Gemeinschaftsverpflegungseinrichtungen von den konkret formulierten Zielen des Aktionsplans für Nachhaltige öffentliche Beschaffung noch weit entfernt. Weder auf Bundes- noch auf Landesebene gibt es konkrete beziehungsweise kontrollierte Zahlen zu Bio-Anteilen in Großküchen.

„Eine Zertifizierung und Kontrolle der Bio-Anteile ist die Grundlage für einen durchschlagenden Erfolg zur Zielerreichung des Aktionsplans für nachhaltige öffentliche Beschaffung. Die aktuelle Situation lässt Raum für Spekulationen und Annahmen. Diese Ungewissheit führt auch zu Unmut bei den Biobäuerinnen und Biobauern“, bekräftigt Johannes Liebl die Notwendigkeit für Transparenz und Kontrolle in der öffentlichen Gemeinschaftsverpflegung.

BIO AUSTRIA will sich mit profundem Wissen einbringen, damit auch in Oberösterreich das erklärte Ziel des Aktionsplans für nachhaltige öffentliche Beschaffung mit 30 Prozent Bio-Anteil bis 2025 erreicht werden kann. „Jeder Liter Bio-Milch und jedes Kilo Bio-Getreide, das in die öffentliche Gemeinschaftsverpflegung fließt, entlastet die derzeit angespannte Marktsituation. Unabhängig von den Zahlenspielereien ist daher klar, dass die Bio-Anteile in der Gemeinschaftsverpflegung steigen müssen um den Erwartungshaltungen der Biobäuerinnen und Bauern, die unter der Annahme der politischen Zielsetzungen des Aktionsplans für nachhaltige öffentliche Beschaffung in die biologische Landwirtschaft investiert haben, Rechnung zu tragen“, fordert Johannes Liebl, Obmann BIO AUSTRIA OÖ.

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