Pflanzenschutz im Bio-Landbau

© BIO AUSTRIA
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Der Bio-Landbau ist ein ganzheitliches Bewirtschaftungssystem. Ein wesentliches Prinzip ist der Vorrang von Bewirtschaftungsmaßnahmen vor dem Einsatz von externen Betriebsmitteln.

Der Einsatz von Hilfsmitteln für Pflanzenschutz und Pflanzenbehandlung ist im Bio-Landbau weitgehend auf Sonderkulturen, Wein, Obst, Gemüse, Kartoffeln, Zuckerrübe, Kräuter und Hopfen beschränkt. In Österreich machen diese Kulturen etwa fünf Prozent der gesamten Bio-Fläche aus. Auf 95 Prozent der Bio-Fläche werden keine Pflanzenschutzmittel ausgebracht. Damit werden unkalkulierbare Risiken gemäß dem Vorsorgeprinzip so weit wie möglich reduziert.

Rechtliche Grundlagen

Wirkstoffe dürfen im Bio-Landbau nur dann verwendet werden, wenn sie im Anhang II der EU-Bio-Verordnung gelistet sind und eine unmittelbare Bedrohung für die Kulturen besteht, also die vorbeugenden Maßnahmen nicht ausreichen. Es werden grundsätzlich keine chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel, keine gentechnisch veränderten Organismen und keine Herbizide gegen Unkräuter ausgebracht. Denn solche künstlichen Substanzen oder Organismen sind neu und es ist nicht vorhersehbar, wie sie Ökosysteme beeinflussen (Vorsorge).
Stattdessen handelt es sich im Bio-Landbau um natürlich vorkommende Stoffe auf Basis von Pflanzenextrakten beispielsweise des Neembaumes oder einer besonderen Chrysanthemenart etc. Zudem werden Schädlinge und Krankheiten mit ihren natürlichen Gegenspielern und Mikroorganismen oder von ihnen erzeugten Substanzen behandelt. Außerdem sind in der EU-Bio-Verordnung eine Reihe von Stoffen gelistet, die traditionell im Bio-Landbau eingesetzt werden. Dazu gehören einfache mineralische Stoffe wie Tonmehle, Kupfer, Schwefel, Kaliseife, Mineralöle, Paraffinöle etc.

Im Bio-Landbau dürfen die in der EU-Bio-Verordnung angeführten Wirkstoffe jedoch nur dann angewendet werden, wenn sie in Pflanzenschutzmitteln enthalten sind, die in Österreich registriert sind.

Notfallzulassungen

Zusätzlich besteht die Möglichkeit Pflanzenschutzmittel auf Basis einer EU-Verordnung für eine maximale Dauer von 120 Tagen für eine kontrollierte Verwendung zuzulassen. Voraussetzung ist, dass die drohende Gefahr durch einen Schädling oder Krankheitserreger nicht anders abgewehrt werden kann. In diesem Fall handelt es um eine Indikationserweiterung für bereits zugelassene Pflanzenschutzmittel, die maximal 120 Tage gilt. Auch für im Bio-Landbau erlaubte Produkte gibt es diese Notfallzulassungen, jedoch ausschließlich für solche Produkte, die an sich (von Haus aus) biotauglich sind (also in Anhang II der EU-Bio-Verordnung gelistet sind). 2019 wurde beispielsweise NeemAzal, ein Produkt auf Basis des Neem-Extraktes, gegen Blattlaus für Zuckerrübe zeitweilig zugelassen. Dieses Produkt hat für viele Kulturen eine Zulassung gegen saugende und beißende Schädlinge, nicht jedoch für Blattläuse bei Zuckerrübe.
2019 hat das Bundesamt für Ernährungssicherheit, die österreichische Zulassungsbehörde für Pflanzenschutzmittel, insgesamt 43 Notfallzulassungen erteilt, nur zwölf davon betrafen biotaugliche Mittel.

Eine weitere Kategorie an Stoffen, die im Bio-Landbau eingesetzt werden dürfen, sind sogenannte Grundstoffe. Dabei handelt es sich um Stoffe und Gemische der Lebensmittelwirtschaft, die aber auch für den Pflanzenschutz von Nutzen sein können. Diese Stoffe müssen nicht als Pflanzenschutzmittel, aber als Grundstoff zugelassen und auf der Grundstoffliste angeführt sein. Zu den Grundstoffen gehören zum Beispiel Essig, Molke, Bier, Saccharose. Es handelt sich um Lebensmittel, sie müssen pflanzlichen oder tierischen Ursprungs sein.

Gesunde Kulturpflanzen

Die Gesunderhaltung von Kulturpflanzen im Bio-Landbau beruht auf drei Säulen:

  • Bewirtschaftungsmaßnahmen zur Vorbeugung und Reduktion des Auftretens von Schädlingen und Krankheiten wie Standort- und Sortenwahl, Fruchtfolge etc.
  • Förderung der funktionellen Biodiversität durch Nützlingsförderung, Anlage von Nützlingsstreifen etc.
  • direkte Maßnahmen wie Pflanzenschutzmittel

Nicht eine einzelne Maßnahme führt zum Erfolg, sondern in Summe müssen alle bausteinartig ineinandergreifen.

Verschiedene Strategien bei den Kulturen

Ein zentrales Instrument beim Pflanzenschutz im Bio-Acker-, Bio-Kartoffel- und Bio-Gemüsebau sowie bei Erdbeeren ist eine vielfältige Fruchtfolge. Sie kann Lebenszyklen von Schädlingen unterbrechen und somit ihr Überleben im Feld reduzieren. Sie ist erforderlich, um bodenbürtige Erreger wie Fußkrankheiten bei Getreide oder Gemüse zu regulieren. Das Unkraut wird durch eine intelligente Kombination von Fruchtfolge, Gründüngung und mechanische Verfahren in Schach gehalten.

Biotaugliche Pflanzenschutzmittel wie Kupfer werden im Ackerbau nahezu ausschließlich bei Kartoffeln eingesetzt, im Gemüsebau sind Kulturschutznetze zur Abwehr von Schädlingen und Bacillus thuringiensis-Präparate oder auch Pyrethrine, also Extrakte aus den Blüten von Chrysanthemen üblich. Im geschützten Anbau werden Nützlinge gezielt eingesetzt, während im Freiland die natürlichen Nützlingspopulationen aktiv gefördert werden. Auch die Sortenwahl spielt im Gemüsebau eine große Rolle, Kupfer zur Regulierung von Pilzkrankheiten hingegen nur mehr untergeordnet. Wichtiger sind Schwefelpräparate bei Befall von Echten Mehltaupilzen und das als Lebensmittelzusatzstoff bekannte Kaliumhydrogencarbonat (enthalten in Backpulver).

In Dauerkulturen wie Wein und Obst, bei denen kein Fruchtwechsel möglich ist, hilft vor allem die Sortenwahl. Bio-Winzer und Bio-Obstbauern sind Pioniere beim Anbau von Sorten, die gegen Pilze und Schorf widerstandsfähig sind, beim optimalen Einsatz von Begrünungen sowie der gezielten Förderung von Nützlingen und der sogfältigen Pflege der Anlagen, um den Schädlings- und Krankheitsdruck zu reduzieren. Bei akutem Befall steht den Bio-Winzern derzeit Kupfer als Wirkstoff zur Verfügung, um beispielsweise den Falschen Mehltau zu behandeln. Seit Jahrzehnten setzt sich BIO AUSTRIA dafür ein, dass möglichst wenig Kupfer auf Bio-Flächen gelangt. Bio-Betrieben soll eine sichere Perspektive für die dauerhafte Unterschreitung der erlaubten Obergrenze für Reinkupfer von drei Kilogramm pro Hektar und Jahr gegeben werden. Außerdem ist es ein Ziel, die Abhängigkeit von diesem Stoff zu verringern. Kupfer wird im Boden nicht abgebaut und ist daher ein „Schönheitsfehler“ im Bio-Anbau. Daher wird an Bio-Forschungseinrichtungen seit 20 Jahren intensiv daran geforscht, Kupfer durch Pflanzenextrakte zu ersetzen. Es liegen bereits mehrere potenzielle Ersatzstoffe vor, bis zur Formulierung und Registrierung von praxistauglichen Produkten als Pflanzenschutzmittel wird es aber noch einige Jahre dauern.

Herausforderung Klimawandel

Ziel im Pflanzenschutz ist es, den Bio-Landbau immer stabiler und unabhängiger von externen Betriebsmitteln weiterzuentwickeln. Im Hinblick auf zunehmende Witterungsextreme mit neu auftretenden Schädlingen und Krankheiten kann nur eine aus vielfältigen Bausteinen bestehende Strategie erfolgreich sein. Sie muss laufend optimiert und angepasst werden, ebenso die Suche nach neuen biotauglichen Mitteln zu Pflanzenbehandlung.

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