Pilze statt Kühe im Stall
Der HADA-Hof ist ein innovativer Familienbetrieb im Mostviertel, spezialisiert auf die Zucht und Vermarktung von Bio-Austernseitlingen. Daniela und Harald Bogenreiter haben mit ihrer Leidenschaft für Pilze ein neues Betriebsstandbein aufgebaut und damit einen wichtigen Akzent in der Region gesetzt.
Ausladende Streuobstwiesen, dazwischen Wiesen und Weideflächen. So kennt man das Mostviertel. Am HADA-Hof, benannt nach den Inhabern Harald und Daniela, wurde vor ein paar Jahren ein anderer Weg eingeschlagen. Beide haben in Wien studiert und gearbeitet, haben an den Wochenenden am elterlichen Betrieb von Daniela ausgeholfen und blieben so, trotz der Distanz, mit der Region verbunden. Den Mutterkuhbetrieb mit drei Hektar Eigen- und etwa sechs Hektar Pachtfläche haben die beiden nach dem Tod von Danielas Mutter früher als geplant übernommen und sind dann im Jahr 2019 nach Gresten-Land übersiedelt.
Kühe oder was?
Sie wollten die Tierhaltung aufgeben und standen vor der Frage: Was tun mit den Flächen und Gebäuden? Harald, der nicht von einem landwirtschaftlichen Betrieb stammt, hatte immer Interesse am Gartenbau. Seine Leidenschaft für Pilze entdeckte er während seiner Arbeit bei „Hut und Stiel“, einem Pilzzuchtbetrieb in Wien. Diese Erfahrung führte ihn zu einer Züchterausbildung in Belgien, wo er umfassendes Wissen über Pilze erwarb. Daniela absolvierte die Facharbeiterausbildung in Sooß. Und so fiel auch die Entscheidung, Pilze zu züchten und damit ein eigenes Standbein zu entwickeln und aufzubauen. Die Tatsache, dass es im Umkreis von 70 Kilometern keine weiteren Pilzzüchter gab, war ein weiteres Argument dafür.
Produziert werden Austernseitlinge, die in der Region gut vermarktet werden können. Abnehmer sind vorwiegend Gastronomiebetriebe, die eine hohe Frische und Qualität schätzen, einige Spar-Filialen und auch Kundschaft, die im Hofladen einkauft.
Die Produktionssaison reicht von September bis Juni. Die Pilze werden dreimal pro Woche im Umkreis von 30 Kilometern ausgeliefert, einmal wöchentlich nimmt ein Freund die Lieferung mit nach Wien. Zusätzlich werden etwa fünf bis sieben Messen pro Jahr zur Produktpräsentation besucht. Der Sommer wird für den Obstbau genutzt. In dieser Zeit werden die Früchte der Streuobstwiesen zu Schnaps, Marmeladen und Säften verarbeitet.
Ausgefeilte Technik
„Wer meint, mit der Pilzproduktion weniger Arbeit zu haben, liegt falsch“, sagt Harald, „Pilze sind sehr arbeitsintensiv, man geht sozusagen auch zweimal pro Tag in den „Stall“.“
Die Produktionsräume am HADA-Hof befinden sich tatsächlich im alten Stallgebäude, das vollständig saniert und um zwei Räume erweitert wurde. Es sind circa 100 m2, die für die Produktion und Verarbeitung entsprechend adaptiert wurden und auch aufgrund der Hanglage für optimale Bedingungen sorgen.
Im Erdgeschoß befinden sich der Vorfrucht- und der Fruchtungsraum. Im Vorfruchtraum ist es dunkel, es herrschen trockene Bedingungen bei einer Temperatur um 23 °C. Nach etwa drei bis vier Wochen ist das gesamte Substrat mit dem Pilzmycel durchwachsen und die Substratsäcke werden in den Fruchtungsraum geschoben. Dort ist es um circa 10 °C kühler, die Luftfeuchtigkeit beträgt etwa 90 Prozent – der Pilz startet mit dem eigentlichen Wachstum. Nach einer guten Woche erfolgt die erste Ernte, eine zweite und dritte nach etwa jeweils zehn Tagen. Durchschnittlich werden 30 kg pro Woche geerntet, zu Spitzenzeiten wie Weihnachten sind es auch 120 kg.
Mit einem Miniserver mit kleinem Computer und einem Buss-System wird die Klimasteuerung präzise geregelt, um konstante Temperaturen, Luftfeuchtigkeit und CO2-Gehalte zu gewährleisten. Die Steuerung programmierte Harald selber und basiert auf Erfahrungen und Wissen aus Belgien und den Niederlanden. „Beim Durchwachsen produzieren die Pilze viel Wärme. Fällt die Lüftung aus, wäre das ein großer Schaden, weil das Mycel bei Temperaturen von über 40°C zerstört wird. Die Überwachung ist daher sehr wichtig. Ich habe da viel gelernt bei den großen Pilzzüchtern im Ausland“, erklärt der Pilzexperte.
Überhaupt sei die Klimasteuerung nicht einfach, betont Harald. Es sei eine der Herausforderungen in der Pilzproduktion.
Substrat und Hygiene
Das Substrat wird wöchentlich frisch gemischt, an der Rezeptur hat Harald lange getüftelt, auch weil jeder Standort ein eigenes Mikroklima hat. Beim Mischen sind eine gute Hygiene und eine sorgfältige Dokumentation sehr wichtig, da die ersten Anzeichen von Problemen erst nach circa zwei Wochen sichtbar werden. Hauptbestandteil im Substrat am HADA-Hof sind Strohpellets. Die Jahresmenge von zehn Tonnen wird in Chargen abgerufen, damit diese beim Abfüllen noch eine Restfeuchte aufweisen, was für die Pilzproduktion wichtig ist.
Hygiene wird großgeschrieben. „Wenn man nicht putzen will, darf man nicht Pilze züchten. Unsere Räume sind zum Beispiel mit Epoxidharz beschichtet, wasserdicht und hinterlüftet. Wir haben fixe Reinigungsintervalle“, erklärt Harald Bogenreiter.
Mit Frische punkten
Und wie haben die beiden mit der Vermarktung begonnen? „Wir haben die Produktionsräume fertiggestellt und haben vorerst nur mit einer kleinen Menge an Pilzen begonnen. Ich habe Großhandelspreise verglichen, kalkuliert, Gastronomiebetriebe besucht, mit den Küchenchefs gesprochen, Kostproben mitgebracht – denn Austernseitlinge sind lange nicht so bekannt wie Eierschwammerl oder Champions – Lieferrouten zusammengestellt; ja, das ist harte Arbeit, denn die Gastro ist verwöhnt, was die Lieferbedingungen betrifft. Aber schön langsam haben wir uns mit unserer Qualität und Frische einen guten Ruf erarbeitet.“ Überhaupt sei es sehr wichtig, immer in Kontakt zu bleiben. Harald telefoniert daher jede Woche mit den Gastrobetrieben. Bleibt Ware übrig, wird sie getrocknet.
Genau kalkulieren
Den Lehrberuf möchte Harald nicht aufgeben, sie werden daher auch nicht weiter expandieren. Mit ihrer Betriebsgröße können sie den Arbeitsaufwand – circa eine Vollzeitarbeitskraft für die Produktionszeit von zehn Monaten – mithilfe von Verwandten beim Abfüllen und auf Messen bewerkstelligen. Es sei inzwischen auch Druck von Produzenten aus angrenzenden Ländern spürbar, die den Markt in Österreich bedienen wollen. Und letztlich zähle dann immer wieder der Preis, betont der Pilzzüchter. Ihr Ziel ist, den Kundenstock zu halten beziehungsweise zwei bis drei neue Kunden pro Saison zu finden, da es auch Ausfälle geben kann. Auf die Frage der Wirtschaftlichkeit antwortet Harald: „Wir haben unser Ziel bisher erreicht. Aber es braucht eine genaue Kalkulation – so nebenbei geht es meiner Meinung nach nicht!“
Autorin: Ingrid Schuler-Knapp, BIO AUSTRIA Bundesverband
Der Artikel erschien in der BIO AUSTRIA Fachzeitung, Ausgabe August 2024, zum Thema „Innovativer Bio-Landbau“.