Sauenfütterung: Das ist eine langfristige Aufgabe!
Die Herausforderung in der Fütterung von Zuchtsauen ist ihr unterschiedlicher Bedarf während der Trage- und Säugezeiten. Ob das gelingt, zeigt sich in den Leistungen und der Körperkondition.
Bezüglich der Fütterung von Zuchtsauen denkt man in erster Linie an die Säugezeit, da sich hier eine Unterversorgung der Sau sofort negativ auf die Milchleistung und damit die Ferkel auswirkt. Dabei besteht die Herausforderung vielmehr darin, eine Zuchtsau über das ständige Auf und Ab von Trage- und Säugezeiten hinweg durchgehend möglichst bedarfsgerecht zu versorgen, um ihr ein langes Leben bei guten Leistungen zu ermöglichen.
Auf und Ab
Ab der ersten Abferkelung bewegt sich der Energie- und Aminosäurenbedarf einer Zuchtsau zwischen den zwei Extremen „niedertragend“ und „maximale Milchleistung“. Während die niedertragende Sau nur einen Bedarf für Erhaltung, Bewegung und Thermoregulation hat, steigt der Bedarf durch die wachsenden Föten in der zweiten Hälfte der Trächtigkeit langsam an. Nach der Abferkelung vervielfachen sich Energie- und Aminosäurenbedarf durch die Milchleistung, um nach dem Absetzen wieder drastisch abzusinken.
Geht man von einer gleichbleibenden Futteraufnahmekapazität der Sau aus, ergeben sich daraus Unterschiede in den notwendigen Energie- und Aminosäurengehalten im Futter, was in der Praxis die getrennte Mischung von Tragendfutter und Säugefutter bedeutet.
Hier im Überblick die Fütterungsphasen, mit Angabe von Orientierungswerten für den Energiegehalt und das Verhältnis von Lysin zu Energie:
- Niedertragend: geringer Bedarf, überwiegend für Erhaltung (12,0 MJ ME, 0,45 g Lysin/MJ ME)
- Hochtragend: steigender Bedarf durch Wachstum der Föten (12,0 MJ ME, 0,50 g Lysin/MJ ME)
- Übergangszeit (10 Tage vor bis 10 Tage nach Abferkeln): hoher Bedarf, aber rund um Abferkelung häufig nur geringe Futteraufnahme
- Säugezeit: hoher Bedarf, überwiegend für Milchleistung (13,0 MJ ME, 0,67 g Lysin/MJ ME)
- Absetzen und Belegen: geringer Bedarf, gute Energieversorgung wirkt sich aber positiv auf Rausche aus
Ein guter Start
Der Zeitraum rund um die Abferkelung ist die heikelste Zeit im Produktionszyklus, da es hier am häufigsten zu Gesundheitsproblemen bei der Sau kommt. Eine angepasste Fütterung kann hier unterstützend wirken! Die Sau wechselt nach der Abferkelung von einer anabolen Stoffwechsellage, also dem Aufbau von Körpersubstanz, zu einer katabolen Stoffwechsellage, also der Mobilisierung von Körperreserven zugunsten der Milchleistung. Als unterstützende Basisversorgung soll trotz teils geringer Futteraufnahme weiterhin das gewohnte Raufutter gegeben werden, um Verstopfungen und dadurch verursachten Geburtskomplikationen vorzubeugen. Auch die Wasserversorgung ist zwingend sicherzustellen, um Kreislauf und Stoffwechsel nicht zusätzlich zu belasten. Die konventionelle Empfehlung zur Fütterung rund um die Abferkelung sieht eine Reduktion der Futtermenge am Tag vor und am Tag nach der Abferkelung vor und anschließend eine langsame Steigerung der Futtermenge. Der Vorteil an kleineren Futtermengen ist, dass es leichter fällt, das Fressverhalten der Sau zu beobachten und die Futtermenge entsprechend zu steigern, wenn der Appetit der Sau wieder steigt.
Viel hilft viel
Sind die ersten Tage nach der Abferkelung überstanden und der Milchbedarf der Ferkel steigt, heißt es für die Sau fressen, fressen, fressen! Grundsätzlich gilt: Je hochwertiger das Säugefutter und je mehr die Sau davon frisst, umso höher die Milchleistung und entsprechend gut die Entwicklung der Ferkel. Eine großzügige Raufuttergabe während der Tragezeit ist das beste Training für eine gute Futteraufnahme während der Säugezeit und hilft, die Futteraufnahme nach dem Abferkeln schnell zu steigern. Schon seit einiger Zeit ist bekannt, dass Sauen mehr Futter aufnehmen, wenn Futter drei- statt zweimal am Tag vorgelegt wird. Also eine gute Maßnahme, wenn Sauen nicht gut fressen!
Als Orientierung, welche Futteraufnahme während der Säugezeit erreicht werden kann, hier ein Beispiel aus Fütterungsversuchen mit Bio-Zuchtsauen: Bussemas und Werner (2021) fanden in der dritten bis sechsten Woche der Säugezeit eine Futteraufnahme von 8,4 kg Frischmasse (durchschnittlich 6. Wurf, 13,6 lebend geborene Ferkel), dazu noch etwa 4 kg Frischmasse Kleegrassilage. Einzelne Sauen mit größeren Würfen erreichten in diesem Versuch einen Futterverbrauch von 14 kg Frischmasse pro Tag (Ralf Bussemas, mündliche Mitteilung)!
Nach dem Absetzen sinkt der Energie- und Aminosäurenbedarf der Sau zwar drastisch ab, es wirkt sich aber positiv auf die Rausche und die Ovulationsrate aus, wenn energiereiches Futter noch einige Tage nach dem Absetzen gefüttert wird („flush feeding“). Das lässt sich einfach umsetzen, indem nach dem Absetzen noch bis nach der Belegung weiter das Säugefutter gefüttert wird.
Zaubermittel Raufutter
Mit dem schon aufgrund der Bio-Richtlinien täglich vorzulegenden Raufutter steht ein echtes „Zaubermittel“ in der Zuchtsauenfütterung zur Verfügung, das weit mehr ist als nur ein Beschäftigungsmaterial. Wie bereits erwähnt, trainiert Raufutter die Futteraufnahmekapazität der Sauen während der Tragezeit und beugt rund um die Abferkelung Verstopfungen vor. Weiters kann durch ein wechselndes Verhältnis zwischen Kraftfutter und Raufutter die „Gesamtration“ der Sau an ihren wechselnden Bedarf angepasst werden, also viel Raufutter und wenig Kraftfutter während der Tragezeit und weiterhin Raufutter und viel Kraftfutter während der Säugezeit.
In den letzten Jahren setzte sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass Raufutter auch beim Schwein Energie und Aminosäuren liefert. In einem Fütterungsversuch mit Sauen in Freilandhaltung zeigte sich, dass diese während der Tragezeit 2,4 kg frisches Gras pro Tag aufnahmen, woraus sie immerhin 16 bis 17 % ihres Bedarfs an der Aminosäure Lysin decken konnten. Während der Säugezeit nahmen die Sauen zwar noch mehr Gras auf (3,2 kg Frischmasse), aufgrund des viel höheren Bedarfs war der Beitrag zur Lysinversorgung hier aber zu vernachlässigen. Daraus kann man schließen, dass Raufutter in der Trächtigkeit einen relevanten Beitrag zur Proteinversorgung liefert, in der Säugezeit aber nicht.
Körperkondition als Signal
Ob es gelungen ist, die Fütterung an den sich wechselnden Bedarf der Zuchtsau anzupassen, sieht man einerseits an ihren Leistungen, aber auch an ihrer Körperkondition zu bestimmten Zeitpunkten. So wird empfohlen, dass Sauen zum Abferkeln einen Body Condition Score (BCS) von 3,5 (Erstlingssauen: 4,0) auf einer Skala von 1,0 (zu dünn) bis 5,0 (verfettet) haben sollen, also weder zu dünn noch verfettet in die anstrengende Zeit der Abferkelung und Säugezeit gehen. Grundlage für diese Empfehlung ist, dass sowohl eine zu geringe als auch eine zu hohe Körperkondition zu Stoffwechselproblemen und schlechter Fruchtbarkeit führt und dadurch schlussendlich zu höheren Ferkelverlusten und einer geringeren Nutzungsdauer.
In der Säugezeit steht für den Stoffwechsel der Sau die Versorgung der Ferkel mit Milch im Vordergrund. Bei geringer Futteraufnahme und/oder großen Würfen werden Körperreserven mobilisiert, um die benötigte Milchleistung zu erreichen. Eine gewisse Mobilisierung ist durchaus als normal zu bezeichnen, der BCS sollte bis zum Absetzen der Ferkel aber nicht unter 3,0 sinken. Andererseits führt eine zu großzügige Fütterung von tragenden Sauen leicht zu deren Verfettung. Übergewicht zum Zeitpunkt des Abferkelns wird in Zusammenhang mit einer verlängerten Geburtsdauer gebracht, welche die Sau belastet und mit höheren Ferkelverlusten einhergehen kann. Ausreichend Gründe also, um auf die Körperkondition der Sauen zu achten!
Schmecken muss es auch
Schweine haben einen feineren Geschmackssinn als ihnen lange zugestanden wurde. Sie besitzen drei- bis viermal mehr Geschmacksknospen auf der Zunge als Menschen und unterscheiden süß, salzig, Umami, sauer und bitter. Dass Schweine Süßes mögen, ist bekannt und wird zum Beispiel berücksichtigt, indem Magermilchpulver im Ferkelstarter eingesetzt wird. Die Vorliebe für Umami, also Fleischgeschmack, erklärt sich daraus, dass Schweine Allesfresser sind und auch kleine Tiere und Aas fressen, wenn sie dazu Zugang haben. In der vegetarischen Fütterung von im Stall gehaltenen Tieren spielt das aktuell keine Rolle. Sehr bittere Futtermittel meiden Schweine, was bei manchen selten genutzten Leguminosen durchaus zu Futterverweigerung führen kann. Gegen sauer scheinen Schweine keine Abneigung zu haben, wie an der freudigen Aufnahme von Silage abzulesen ist.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Schweine eine ähnliche Geschmackswahrnehmung wie Menschen haben. Ein Griff in den Futtersack zur Prüfung des Geschmacks ist also durchaus angebracht. Schmeckt es uns Menschen, schmeckt es ziemlich sicher auch der Sau.
Autorin: Lisa Baldinger, Bio-Institut, HBLFA Raumberg-Gumpenstein