Weide: Einmal oben, zweimal unten
Die Almsaison dauert auf der Burgeralm für die Milchkühe rund vier Monate, für das Jungvieh noch länger. Davor und danach ist das Gras der Heimflächen Teil des Futters.
Im Sommer sind die Weiden und Wiesen rund um den Burgerhof von Familie Fahringer in Rettenschöss in Tirol leer. Die vierzig Milchkühe und die Nachzucht erfüllen ihre „Weidepflicht“ auf der Alm. Geweidet wird am Burgerhof schon seit jeher, im Frühjahr und Herbst am Heimhof und im Sommer auf 1300 m Seehöhe auf der Burgeralm. Die Wanderer können dort oben zuschauen, wie das Gras der Alm zu Käse und Butter am Teller wird.
Langsam angehen
Im Pansen von Wiederkäuern lebt eine Unzahl an Bakterien, die an der Verdauung beteiligt sind. Bis zu zwei Wochen brauchen sie nach einem Futterwechsel, bis alle wieder voll arbeiten. Der Jungbauer Anton Fahringer kennt die Abläufe im Inneren seiner vierzig Milchkühe ganz genau und nimmt beim Start in die Weidesaison darauf Rücksicht.
„Im Frühjahr müssen die Kühe das Grasen und die Bewegung im Freien langsam wieder gewohnt werden. Sie kommen bei uns schon auf die Weide, wenn das erste Gras herausspitzt. In der ersten Zeit füttern wir im Laufstall noch die Winterration weiter. Die Kühe fangen draußen aber bereits zum Grasen an. Das Heu wird dann allmählich reduziert.“ Wie erkennt Anton, wenn der Bedarf nach Heu sinkt? „Wenn draußen das Gras höher wird und genug zum Fressen da ist, dann lässt das Interesse der Kühe für das Heu nach. Das ist der Zeitpunkt, wo wir mit dem Zufüttern schön langsam aufhören. Die Kühe, die höher in der Laktation stehen, bekommen zusätzlich noch soviel Kraftfutter wie sie brauchen, alle anderen nur mehr als Lockfutter.“ Auch in den ersten Tagen auf der Alm wird den Tieren Zeit zum Angewöhnen gelassen. Beim Auftrieb ist das Almgras noch sehr jung, eiweißreich und rohfaserarm. Zu den Melkzeiten wird daher Heu vom ersten Schnitt zugefüttert.
An Kennwerten orientieren
Dass die Fütterung zu Weidebeginn und auf der Alm passt, sieht Anton daran, dass die Kühe schnell wieder trächtig werden. „Im vergangenen Sommer sind alle Kühe beim ersten Mal verblieben. Einmal haben wir auf der Alm einen Besamungsindex von 1,3 geschafft. Momentan liegen wir beim österreichischen Durchschnitt von 1,5 bis 1,6.“ Auch auf den optimalen Harnstoff wird am Burgerhof geachtet. Das Ziel ist ein Harnstoffgehalt von 17. „Wenn er gegen 20 geht, wird es schwieriger mit dem Besamen, unter 15 muss man aufpassen, dass die Kühe nicht verfetten. In der Landwirtschaftsschule haben wir gelernt, dass die Kuh mit einem Harnstoffgehalt von 25 mg richtig ausgefüttert ist. Das habe ich ein paar Jahre geschafft. Aber mir ist aufgefallen, dass die Kühe schlechtere Klauen hatten. Da habe ich mir gedacht, Eiweiß ist teuer, da lasse ich den Harnstoffgehalt gleich niedriger. Jetzt brauchen wir bei der Routineklauenpflege nur mehr nachputzen“, erzählt der Jungbauer von seinen Erfahrungen.
Ganzjährig abkalben
Die „Burgerkühe“ kalben das ganze Jahr über ab, auch auf der Alm. „Wir haben nie alle Kühe zu melken. Für uns ist das ein Vorteil. Wenn eine ganz gute Kuh gegen Ende des Almsommers abkalbt, dann kommt sie schon früher wieder ins Tal zurück. Dort kann sie dann entsprechend gefüttert werden. Zum Schluss kann es sein, dass ein Teil der Kühe schon unten ist und der andere noch oben gemolken wird.“
Im Herbst wächst auf den Wiesen und Weiden rund um den Hof bereits der vierte oder fünfte Aufwuchs. Eine Fläche nach der anderen wird dann von den Kühen abgegrast. Zuletzt bekommen sie die ganze Fläche. „Wir füttern im Herbst im Stall schon wieder dazu, weil die Nährstoffe im Gras zurückgehen“, erzählt Anton Fahringer vom Ausklang der Weidesaison. Oft sind die Kühe am Burgerhof bis Mitte November auf der Weide. Das hängt ganz vom Wetter ab. Wenn es länger regnet, bleiben sie im Stall. „Die Weide ist wichtig“, davon ist Anton Fahringer überzeugt, „aber die Flächen darf man sich damit nicht ruinieren.“ Insbesondere im Herbst, wenn die Regentage zunehmen und der Boden weniger schnell auftrocknet, steigt die Gefahr von Trittschäden.
Die Weidehaltung und die Stallfütterung sind am Burgerhof aufeinander abgestimmt. Die vielen guten Erfahrungen, die über Jahre hinweg gesammelt wurden, zeigen Familie Fahringer, dass die Richtung stimmt.