Weidetiere sicher halten
Zur sicheren Verwahrung der Tiere auf den Weideflächen, besonders mit kurzen Futteraufwüchsen, muss der Weidezaun bestimmte Mindestanforderungen erfüllen.
Der Tierhalter haftet für Schäden durch ausgebrochene Weidetiere, wenn er nicht beweisen kann, dass diese ordentlich verwahrt worden sind. Dem entsprechend muss der Weidezaun gewartet werden und dem aktuellen Stand der Technik entsprechen. In bestimmten Gebieten ist seit einigen Jahren mit vermehrtem Auftreten von großen Beutegreifern wie dem Wolf, Goldschakal oder Bären zu rechnen. Hier muss der Weidezaun, zusätzlich als zweite Funktion, noch das Abhalten dieser Beutegreifer erfüllen.
Elektrozaun am effizientesten
Der Elektrozaun ist im Vergleich zu anderen Weidezäunen bei Materialaufwand und Hütesicherheit am effizientesten. Im Gegensatz zu Zaunanlagen ohne Strom, braucht der Elektrozaun keine physische Barriere für die Tiere zu bieten. Die Tiere lernen durch Erfahrung die unangenehme Wirkung der Zaunspannung und respektieren den Zaun. Jedoch gewährleistet er die Hütesicherheit nur, wenn alle Zaunkomponenten ausreichend dimensioniert und fachgerecht installiert sind.
Ein Elektrozaungerät versorgt über eine Zuleitung die elektrischen Leiter des Zauns mit kurzen Stromimpulsen. Isolatoren oder nichtleitende Zaunsteher verhindern, dass der Strom über die Erde abfließt. Berührt ein Tier die elektrischen Leiter, fließt der Strom durch das Tier in die Erde ab und schließt durch das Erdungssystem den Stromkreis. Der kurze Stromimpuls bewirkt im Tier eine kurzzeitige Muskelkontraktion, die als sehr unangenehm empfunden wird, wenn die Impulsenergie (Joule) entsprechend hoch ist. Dafür muss das Gerät ausreichend Energie liefern, das Leitermaterial den Strom gut leiten können und vor allem das Erdungssystem ausreichend dimensioniert sein, um den Stromkreis zu schließen.
Weidezaungerät liefert Impulsenergie Die Wahl des Zaungeräts richtet sich nach der Belastung durch Bewuchs am Zaun, der Zaunlänge, der Anzahl verwendeter Leiter, der Tierart und der Stromquelle. Für die Angabe der Geräteleistungen sind zwei elektrische Größen ausschlaggebend:
• Impulsenergie (Joule)
• Impuls-Spannung (Volt)
Die Impulsenergie (Joule) ist die maximale Energie eines Impulses, die an den Zaun abgegeben werden kann. Je stärker der Bewuchs am Zaun und je länger die Zaunanlage ist, desto mehr Impulsenergie muss vom Gerät geliefert werden (siehe Tabelle). Bei Schafen und Ziegen ist auf Grund der Montagehöhe der untersten Litze immer von starkem Bewuchs auszugehen. Ebenso bei Verwendung von elektrifizierbaren Weidenetzen.
Die zweite elektrische Größe ist die Spannung (Volt). Eine hohe Spannung ist notwendig, um den Strom über einen Funken durch die isolierende Fell- oder Wollschicht der Tiere zu leiten. Empfohlen werden unter Belastung (Tierberührung am Zaun) Spannungen von mindestens 3000 bis 4000 Volt am Zaun.
Fest- oder Mobilzaun
Die Entscheidung wird nach der Standdauer der Zaunanlage getroffen. Wenn der Zaun einige Jahre stehen bleiben kann, ist auf Grund von Arbeitswirtschaft, Kosten und Hütesicherheit ein Festzaun mit Stahldraht als Leitermaterial zu empfehlen.
Muss der Zaun zur Koppelteilung versetzt oder aufgrund von angrenzenden Forstarbeiten, Schneeräumungen im Winter, Fruchtfolge usw. abgebaut werden, wird ein Mobilzaun verwendet.
Festzaun Der Festzaun besteht aus Stahldrahtleitern von 1,6 bis 2,5 mm Durchmesser, der zwischen fest in den Boden gerammten Pfählen gespannt wird. Die Eck- und Torpfähle müssen besonders abgestützt werden, damit sie die Zugkräfte des Zauns aufnehmen können.
Der Draht wird über Kunststoff- oder Porzellanisolatoren zwischen den Pfählen gespannt. Um die temperaturbedingte Längenausdehnung des Drahtes auszugleichen, werden mit speziellen Knoten Ausgleichsfedern eingebaut. Durch Spanner wird der Draht gespannt.
Mobilzaun Der Vorteil des Mobilzauns ist vor allem der einfache Auf- und Abbau. Daher sollen die Materialen leicht und einfach bedienbar sein. Als Leitermaterialien werden hauptsächlich Litzen, Seile und Bänder verwendet, die auf geeignete Haspeln aufgerollt werden können.
Beim Kauf von Litzen oder Bändern, ist besonders auf den elektrischen Widerstand (Ohm/m) dieser Leitermaterialien zu achten. Je höher der elektrische Widerstand im Leiter, desto geringer ist die mögliche Zaunlänge. Als Faustzahl für Zäune in der Landwirtschaft sollte der elektrische Widerstand im Leiter jedenfalls unter 1 Ohm/m betragen.
Für Verbindungen von Litzen oder Bändern müssen Krokodilklemmen oder eigens dafür hergestellte Verbindungsklemmen verwendet werden, um den Stromfluss zu garantieren. Beim Verknoten bzw. Knicken solcher Leiter kann es passieren, dass durch die Kunststofffasern die Metallleiter keinen direkten Kontakt haben und ein Funke überschlägt, der in weiterer Folge den Leiter abbrennt. Bei solchen Knoten kommt es auch zu einem Spannungsabfall im Leiter.
Als Zaunsteher werden Pfähle aus Kunststoff, Stahl, Glasfiber oder Holz verwendet. Der Abstand zwischen den mobilen Zaunstehern beträgt je nach Ebenheit des Geländes und Kurven im Zaun etwa 3 bis 8 Meter.
Anzahl der Leiter
Je nach Gefährdungsgrad und Tierart wird eine unterschiedliche Anzahl von Leitern empfohlen. Der Gefährdungsgrad ist vor allem von nahegelegen Straßen, Autobahnen und Eisenbahnen abhängig. Die Anzahl variiert von einem Leiter auf cirka 85 cm Höhe bei Milchkühen, bis zu 5 Leitern und einer Zaunhöhe von 105 cm bei Ziegen neben Straßen. Für Koppeltrennungen innerhalb der Weide oder auf sehr abgelegenen Flächen reichen je nach Tierverhalten auch weniger Leiter mit geringeren Höhen.
Ein zweites Kriterium ist das Risiko von Übergriffen großer Beutegreifer. In Österreich nimmt die Wolfpopulation ständig zu. Wölfe versuchen in erster Linie unter dem Zaun durchzugraben. Daher ist es notwendig, den untersten Leiter auf einer Höhe von 20 cm zu montieren. Weitere Leiter werden in 40, 60, 80 und 105 cm Höhe über dem Boden gespannt. Bei erhöhtem Gelände außerhalb des Zauns, sind weitere Leiter über 105 cm zu spannen, um den Wolf das Überspringen des Zauns zu erschweren.
Weidenetze
Elektrische Weidenetze eigenen sich vor allem für kurzzeitige Einzäunungen von kleineren Koppeln. Bei starkem Grünlandaufwuchs besteht die Gefahr, dass sie in den Boden einwachsen und beim Umsetzen reißen, wenn sie zu lange stehen bleiben. Alle Netze, die für Schaf- und Ziegenzäune verwendet werden, müssen mit ausreichend starken Weidezaungeräten versorgt und gut gespannt werden, um die Tiere am Durchstecken der Köpfe durch die Maschen des Netzes zu hindern. Dabei können sie sich im Netz verfangen und stranguliert werden.
Autor:
Reinhard Gastecker, LK Niederösterreich
Tipp:
Detaillierte Informationen zum Zaunbau sind in der ÖAG-Broschüre „Moderne Weidezauntechnik für Rinder“ (Bestellungen unter Tel. 03682/224 51-317, )
und im BIO AUSTRIA-Beratungsblatt „Weidezaun für Schafe und Ziegen“ (Bestellungen unter Tel. 0732/65 48 84, ) zu finden.
Fachvideo zum Weidezaunbau: www.raumberg-gumpenstein.at/weideinfos