Wie man Euter gesund halten kann!

©Elisabeth Stöger

Großteil der für Rinder abgegebenen Antibiotika wird für Eutererkrankungen und Behandlungen in der Rindermast einegsetzt. Bei der Eutergesundheit können auch in Bio-Rinderbetrieben noch Antibiotika eingespart werden.

Eigentlich ist es ganz einfach: der Zitzen-Strichkanal mit dem Schließmuskel und der Venenring an der Zitzenbasis sind die natürlichen Verschlüsse, damit „von unten“ nichts ins Euter kommt. Und wenn doch, dann werden mit dem Milchfluss und mithilfe der weißen Blutkörperchen eingedrungene Bakterien wieder eliminiert. Warum haben wir dann einen so hohen Antibiotikaeinsatz im Euter?

Problem Leichtmelkigkeit

Ein Grund liegt in der Tierzucht auf Leichtmelkigkeit. Nun haben wir viele Kühe, die vor dem Melken und zwischen den Melkzeiten die Milch rinnen lassen. Und genau diese Kühe haben ein hohes Risiko, dass sie – obwohl beim Trockenstellen gesund – in der Trockenstehzeit eine Euterentzündung bekommen. Schon bald die Hälfte der Euterentzündungen entsteht inzwischen in der Trockenstehzeit. Dem muss man mit einer vernünftigen Tierzucht begegnen: Auf eine Kuh, die Milch rinnen lässt, darf man keinen Stier, der eine hohe Melkbarkeit vererbt, geben, sonst steigen die Zellzahlen und das Mastitisrisiko.

Wann behandeln?

Nicht jede Flocke in der Milch braucht eine antibiotische Behandlung. Zur Einschätzung werden das Euter und die Kuh allgemein beurteilt:

  • Bei Lebensgefahr, hohem Fieber, sehr krankem Tier: sofortige tierärztliche Behandlung.
  • Bei einer akuten Mastitis ohne Fieber oder Allgemeinsymptome sowie bei chronischer Mastitis und schwankenden Zellzahlen: Eine bakteriologische Milchprobe untersuchen lassen, nach Befund mit dem Tierarzt entscheiden, ob eine Behandlung mit Antibiotika sinnvoll ist.

Eher gute Ausheilungschancen mit Antibiotika sind bei akuten Infektionen mit Streptokokken zu erwarten. Bei vielen anderen Mastitiserregern und bei einer chronischen Euterentzündung führen Antibiotika häufig nicht zum gewünschten Erfolg.

Unterstützende Maßnahmen

Es gibt aber abseits der Antibiotika viele Maßnahmen, die eine Ausheilung von Euterentzündungen unterstützen oder – noch wichtiger – erst gar keine Mastitis aufkommen lassen: 

Akute Euterentzündungen:

  • Häufiges Ausmelken
  • Kühlen mit Topfen oder essigsaurer Tonerde
  • Entzündungshemmend behandeln (lassen)
  • Unterstützen der Körperabwehr mit homöopathischen Arzneimitteln wie Pulsatilla, Apis, Phytolacca oder Bryonia

Chronisch kranke Euterviertel:

  • Einschmieren und massieren mit wärmenden Salben wie Lärchenpechsalbe, Steinölsalbe
  • Das betroffene Euterviertel frühzeitig trockenstellen oder die Kuh länger trockenstellen
  • Leber- und Abwehrstärkung mit bitteren Heilpflanzen wie Enzian, Löwenzahn, Wermut
  • Homöopathisches Konstitutionsmittel geben

Darüber hinaus sollen Fütterung und Hygiene angepasst und Hitzestress vermieden werden. (

Umgebungskeime abwehren

Die Ursache für Euterentzündungen wird meist im Eindringen von Keimen in das Euter gesehen. Allerdings kommt der Großteil der Euterentzündungserreger überall und ständig in der Umgebung der Tiere vor. Wenn also solche Keime ins Euter gelangen, dann muss die Körperabwehr des Tieres geschwächt sein. Die Keime bekommen quasi eine „Einladung“, in ein gesundes Euterviertel zu kommen und sich dort zu vermehren. Hier ist der Ansatzpunkt für die Vorbeugung: die Kuh stärken, damit sie wehrhaft gegen die Umgebungskeime ist.

Kontrolle vorm Trockenstellen

Die wichtigste Voraussetzung für eine problemlose Trockenstehzeit ist ein gesundes Euter beim Trockenstellen. Drei Wochen vor dem Trockenstellen werden mithilfe des Schalmtests die einzelnen Euterviertel kontrolliert. Euterviertel mit ++ oder +++ beim Schalmtest gelten als verdächtig. Von diesen Kühen wird Milch zur bakteriologischen Untersuchung (BU) eingesendet und der Befund mit dem Tierarzt besprochen. Das Euter soll auch durchgetastet werden, denn Verhärtungen und Knoten deuten auf eine chronische Entzündung hin und die ist oft nicht behandelbar.

Antibiotische Trockensteller

Antibiotische Trockensteller sind sinnvoll in Eutervierteln mit nachgewiesener oder aufgrund von hoher Zellzahl in der Laktation wahrscheinlicher Staphylokokkus aureus-Infektion. Auch bei anhaltend hohen Zellzahlen oder einer nicht ausgeheilten Infektion in einem Euterviertel können sie hilfreich sein. Nur das kranke Euterviertel braucht eine Behandlung mit einem antibiotischen Trockensteller. 

Zitzenversiegler

Bei unzureichendem Strickkanalverschluss, wenn also die Kuh Milch rinnen lässt, aber die Zellzahl in Ordnung ist, dann empfiehlt sich ein Zitzenversiegler statt einem antibiotischen Trockensteller. Zitzenversiegler enthalten eine Bismutpaste und keine Antibiotika.

Gesunde Euterviertel haben eine Zellzahl unter 150.000, einen negativen Schalmtest, keine euterpathogenen Bakterien bei der bakteriologischen Untersuchung und einen guten Zitzenverschluss. Solche Kühe beziehungsweise Euterviertel brauchen keine Behandlung mit Trockenstellern.

Homöopathie bei akuten Euterentzündungen

Kühe mit akuten Entzündungen reagieren oft gut auf eine homöopathische Unterstützung. Chronische Entzündungen brauchen das passende Konstitutionsmittel.

Phytolacca C200 Bei Milchstau (Kalbinnen), Milchflussstörungen, Zurückhalten der Milch; bei überforderten Kühen; bei hartem, schwer melkbarem Euter; unterstützend bei chronischer Mastitis

Apis C200 Extrem berührungsempfindlich schlägt wie wild, schon wenn man mit der Hand in die Nähe des kranken Euterviertels kommt; Euterviertel ist geschwollen, heiß, rosarot; mit kaltem Wasser oder kalten Umschlägen kühlen, warme Anwendungen machen alles schlimmer.

Bryonia C200 Langsame, allmähliche Entstehung; Milch ist cremig gelb wie Vanillepudding; das Euter hart und empfindlich; passt oft auch bei Mastitis in der Trockenstehzeit; Kuh liegt am kranken Euterviertel.

Pulsatilla C200 Brave unauffällige Kuh mit wenig Durst; verträgt Hitze schlecht; Milch hat kleine Flocken; wie Gries.

Was schwächt die Abwehr der Kühe?

Melkarbeit:

  • Fehler beim Anrüsten (zu kurz, zu lang) à die 30-90 Sekunden Anrüstzeit einhalten
  • Vakuum zu hoch, schwankend, Blindmelken à Euterschädigung durch die Melkmaschine à regelmäßige Melkmaschinenwartung, nicht Blindmelken
  • Bakterienübertragung durch die Melkmaschine und die Zitzenbecher à Melkzeug-Zwischenreinigung einführen, vor allem im Melkstand, wo keine Melkreihenfolge eingehalten werden kann
  • Nasse Zitzen, Euter nass reinigen à umstellen auf trockene Reinigung mit Einmaltüchern oder Holzwolle
  • Schlechter Zitzenverschluss verursacht höheres Risiko, leichtmelkige Zitzen sind kürzer à auf Tierzucht achten

Hygiene und Haltung:

  • Schmutzige Euter, Zitzen, Kühe à erhöhen Zellzahlrisiko und Infektionen
  • Mangelnde Euterhygiene (kein Einmalmaterial pro Kuh) und Stallhygiene
  • Schmutzige Beine à auf sauberen Boden achten
  • Schmutzige Euter à auf Liegeboxenhygiene achten
  • Euterverletzungen rasch versorgen
  • Wassertränken haben oft Biofilm: auskippen alleine reicht nicht, mit Bürste richtig reinigen
  • Hitzestress, ungünstiges Klima oder Stallklima (zu heiß, über 25°C)

 Fütterung:

  • Futterumstellung oder Fütterungsfehler (Schimmelpilze, Toxine, Eiweißüberschuss, Leberbelastung etc.)
  • Energiemangel in den ersten Wochen nach der Geburt (negative Energiebilanz) à regelmäßig Körperkondition anschauen, Fütterung und Tierzucht anpassen
  • Mangel an Mineralstoffen, Salz, Spurenelementen vermeiden

Andere Krankheiten und Belastungen:

  • Geburt, Transport, Stress
  • Milchfieber: Zitzenschließmuskel funktioniert schlechter, bleibt länger offen à eher Mastitis
  • Starkes Euterödem
  • Euterpocken und Warzen, Hautausschläge am Euter
  • Zukaufstiere auf Eutergesundheit untersuchen lassen

Autorin: Elisabeth Stöger ist Tierärztin und betreut das BIO AUSTRIA Service-Telefon Wiederkäuergesundheit.